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STADTKUNDE MÜNCHEN
➔ VERSUNKENE WELTEN
Güterbahnhof Schwabing – Von Benedikt Weyerer
Wenn es stimmt, dass der Krieg der Vater aller Dinge ist, so gilt dies in erstaunlich umfangreichen Ausmaß
auch für die Straßenbenennungen. Außerdem heißt ein ehemals militärisch genutztes Stadtviertel nach dem
römischen Kriegsgott, nämlich das Marsfeld mitsamt Marsplatz und Marsstraße.
Am 1. Oktober 1901 nahmen die Königlich bahnhof an der Ruppertstraße 1, dessen nis von ganz oben herab: „Allerhöchst
Bayerischen Staatseisenbahnen nördlich Betrieb aber im Jahr 1985 eingestellt genehmigt mit Entschließung des König-
von München eine Bahnstrecke in Betrieb, wurde. Der Westbahnhof, der Bahnhof lichen Staatsministeriums des Innern vom
die den Bahnhof Moosach über den Bahn- Pasing, kam erst mit der Eingemeindung 7. Dezember 1907. An den Magistrat der
hof Milbertshofen mit Schwabing verband. am 1. April 1938 hinzu. Die Gleise des Königlichen Haupt- und Residenzstadt
Nördlich von München, weil Milbertshofen Schwabinger Bahnhofes bogen östlich des München: Im Namen Seiner Majestät des
erst am 1. April 1913 und Moosach erst heutigen Heizkraftwerkes vom Nordring ab, Königs: Seine Königliche Hoheit Prinz
kurz darauf am 1. Juli 1913 eingemeindet kreuzten ebenerdig die Freimanner Straße Luitpold, des Königreichs Bayern Verweser,
wurden, während Schwabing bereits seit und dann die Schenkendorfstraße, die dann haben allergnädigst geruht, mit den in den
dem 20. November 1890 zu München ge- erst mit der Verlängerung der Autobahn A 9 Beilagen ersichtlich gemachten Neu- und
hörte. Diese Verbindung nur für den Güter- im Jahr 1960 und dann endgültig seit den Umbenennungen von Straßen und Plätzen
verkehr wurde schnell zur Voraussetzung Olympischen Sommerspielen 1972 ihr heu- der Königlichen Haupt- und Residenzstadt
für die massive Industrialisierung und Mili- tiges Gesicht als Teil des Mittleren Ringes München Allerhöchst Sich einverstanden zu
tarisierung der Gegend entlang der Strecke. hat. Eine Brücke, die im Januar 1990 wie- erklären.“ Die Erklärung des Namens laute-
Die „Bahnstraße“ zum Güterbahnhof in der abgebrochen wurde, überspannte seit te seitdem: „Wilhelm Helmholtz, berühmter
Milbertshofen wurde nach der Eingemein- 1960 die wichtig gewordene Schenkendorf- Physiker, geboren 31. August 1821 in Pots-
dung am 19. August 1913 zur „Riesenfeld- straße, seit November 1987 endeten die dam, gestorben 8. September 1894 in
straße“, offiziell erklärt mit: „Ansiedlung Gleise dann nördlich davon. Folgende Charlottenburg.“ Er war einer der einfluss-
am Nymphenburger Würm kanal.“ Anschlüsse gab es beispielsweise in den reichsten Naturwissenschaftler seiner Zeit
Am 5. Juni 1909 schließlich nahm die 1960er-Jahren: nördlich der Freimanner und wurde in Anspielung auf Otto von
Verbindung vom Bahnhof Johannes kirchen Straße das Tanklager der Firma Shell, süd- Bismarck (1815–1898), den Kanzler des
über Freimann zum Bahnhof Schwabing lich davon die Funkkaserne (der heutige Deutschen Reiches, auch als „Reichskanzler
ihren Betrieb auf. In Freimann wurde nach Domagkpark), dann die Firmen Haniel, der der Physik“ bezeichnet. Diese Adresse pass-
seiner Eingemeindung am 1. Oktober 1931 Baustoffhandel Raab Karcher (1947 mit te also gut zum damaligen Verkehrsmittel
die dortige „Bahnhofstraße“ am 14. April 9.366, 1974 mit 17.898 Güterwaggons) der Zukunft. Als die Helmholtzstraße seit
1932 in „Freimanner Bahnhofstraße“ um- sowie das Gerätewerk Siemens-Schuckert 1958 überplant wurde, erhielt der Bahnhof
benannt. Damit schloss sich der Münchner (mit jährlich etwa 500 Güterwagen) und die Adresse Berliner Straße 13. Als Ersatz
Nordring, der nördlich des Frankfurter dann kam südlich anschließend die Schen- entstand 1960 in Neuhausen die Helm-
Ringes (bis 6. Februar 1957 Freimanner kendorfstraße. Aufgrund der Schließung holtzstraße erneut, nun benannt nach dem
Straße) verläuft, seit dem 23. August 1926 von Industriebetrieben in Schwabing und Sohn Richard Helmholtz: „Richard Wilhelm
elektrifiziert ist und auf den sich seit dem der allgemeinen Verkehrsverlagerung auf Ferdinand von Helmholtz, geboren 28. Sep-
27. September 2005 der Straßenzug die Straße verlor die Strecke ab den tember 1852 in Königsberg, gestorben
„Am Nordring“ bezieht. 1960er-Jahren an Bedeutung. Der letzte 10. September 1934 in München, war ein
verbliebene Gleisanschluss zur Funkkaserne deutscher Ingenieur und Konstrukteur von
wurde im April 1992 stillgelegt. Das Bahn- Dampflokomotiven.“ Er hatte federführend
Die Lage hofsgelände, dem Betrieb übergeben am bei der Lokomotivfabrik Krauss gearbeitet,
1. Oktober 1901, lag zwischen Leopold- die hier bis 1933 entlang der Arnulfstraße
Ungefähr 200 Meter östlich der Ingolstäd- straße, Johann-Fichte-Straße und Berliner angesiedelt war und ab 1933 mit der Loko-
ter Straße zweigte die zweigleisige, nicht- Straße mit der Adresse Helmholtzstraße 1. motivfabrik Maffei als Krauss-Maffei in
elektrifizierte Stichbahn zum Nordbahnhof, Allach ein erweitertes Betriebsgelände
dem Schwabinger Bahnhof, von der Ring- bezog. Also auch hier ein thematischer
bahn nach Süden ab und verlief rund zwei Helmholtzstraße Zusammenhang.
Kilometer in Richtung Schwabing. München
besaß damit neben dem Hauptbahnhof nun Ein paar Erklärungen zu diesem Straßen-
seit 1871 einen Ostbahnhof am Orleans- namen: Der Magistrat von München erhielt
platz 1 und seit ebenfalls 1871 einen Süd- dazu folgende obrigkeitsstaatliche Erlaub-
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