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STADTKUNDE MÜNCHEN
➔ DIE ROSENHEIMER STRASSE
Erst verlängert und dann wieder verkürzt – Von Benedikt Weyerer
Das Isartor gehört seit dem Jahr 1338 zur erweiterten Stadtbefestigung. Wenn man die Stadt dort in Richtung Osten verließ,
überquerte man die Isarbrücke, die den Fluss in zwei Bögen überspannte, woher sich der Straßenname der Zweibrückenstraße
von ungefähr 1800 ableitet. Beim Aufstieg auf das Hochufer der Isar konnte man seine Schritte beziehungsweise Fuhrwerke entweder
in die grobe Richtung nach Wien lenken, und zwar nach Osten auf der Inneren Wiener Straße, die ihren heutigen Namen im Jahr 1856
erhielt, und dann auf der Äußere Wiener Straße aus demselben Jahr, die genau hundert Jahre später, 1956, zur Einsteinstraße wurde.
Oder man bewegte sich in Richtung Südosten mit Rosenheim als Fernziel.
FRÜHE BENENNUNG zu schmal waren. Der breite Pfanzeltplatz BENENNUNGEN 1875 BIS 1960
in Perlach hingegen erlaubte eine direkte
Die heutige Rosenheimer Straße blickt Durchfahrt. Die Rosenheimer Straße führte von Haid-
auf eine bewegte Benennungs-Geschich- hausen bis zur damaligen Stadtgrenze bei
te zurück. Eine erste urkundliche Er- der Seebauerstraße in Ramersdorf und von
wähnung fanden die Bezeichnungen BIERKELLER dort in Perlach über den Pfanzeltplatz hin-
Haidhauser, Auer und Ramersdorfer aus in Richtung Neubiberg. Nach der Einge-
Lüften im Jahr 1760. Sie bezogen sich Der Abhang zur Isar eignete sich zur unter- meindung von Perlach im Jahr 1930 dauer-
auf die genannten, im Jahr 1854 bezie- irdischen Lagerung von Bier, das vor der te es bis zum 11. Oktober 1956, dass der
hungsweise 1864 nach München einge- Erfindung der Kältemaschine zu Anfang der Stadtrat den Namen des Verkehrsweges ver-
meindeten Ansiedlungen rechts der Isar 1870er-Jahre nur während der kalten Jah- einheitlichte, aber nur teilweise: Bis zum
und auf die angenehmen Winde auf der reszeit gebraut werden konnte. Entlang der Pfanzeltplatz blieb die Bezeichnung Rosen-
Hochebene oberhalb des Rosenheimer späteren Rosenheimer Straße bis zum heu- heimer Straße, ab dem Pfanzeltplatz erhielt
Berges als Gegensatz zur eng bebau- tigen Rosenheimer Platz errichteten Braue- sie den Namen Neubiburger Straße. Das
ten, stickigen, übel riechenden und reien aus der Altstadt eine Vielzahl dieser Protokoll vom 11. Oktober 1956 erklärt:
unhygienischen Stadt, der heutigen Bierkeller. Stadtauswärts links: Sternecker- „Verlängern lässt sich auch die Rosenhei-
Altstadt. keller, Hofbräuhauskeller I, Maderbräukeller mer Straße bis zum Pfanzeltplatz. Nach der
I, Leistbräukeller I und II, Schützbräukeller dortigen starken Unterbrechung und Rich-
Die Hochstraße von 1857 erinnert noch da- I und II und Hallmairbräukeller. Stadt- tungsänderung des Straßenzuges wird für
ran, bis dahin hieß sie Fürstengasse. Karl auswärts rechts: Hofbräuhauskeller II, die Fortsetzung am besten ein neuer Name
Graf von Rambaldi (1842–1922, Rambaldi- Menterbräukeller I, Singlspielerbräukeller, vorgeschlagen: Neubiberger Straße, als
straße von 1930) schreibt in seinem 1894 Schleibingerbräukeller I, Kapplerbräukeller, richtungsweisend zum Ort und Flugplatz
erschienenen Buch „Die Münchener Stra- Augustinerbräukeller, Menterbräukeller II, Neubiberg.“ Einer der Gründe für die Umbe-
ßennamen und ihre Erklärung“: „Zweigt Hofbräuhauskeller III, Maderbräukeller II nennung war die dortige Basis der US-Luft-
vom Gasteig nächst dem Sterneckerkeller sowie Schleibingerbräukeller II. Nach etli- waffe, der bis 1958 bestand und dann von
ab und zieht in südöstliche Richtung, zwi- chen von ihnen haben sich bis heute Stra- der Bundeswehr übernommen wurde. Die
schen Haidhausen und Au. Sie führt in Ver- ßennamen erhalten. Daraus entwickelten Universität der Bundeswehr arbeitet erst
längerung der Zweibrückenstraße über Per- sich zwei große Brauereien mit veritablen seit 1973 vor Ort. Die Neubiberger Straße
lach, Peiß und Aibling nach der 18 Stunden Bierpalästen, nämlich der Bürgerbräukeller endet heute bei der Bahnlinie als Sackgas-
von München entfernten Stadt Rosenheim an der Rosenheimer Straße 15, 1885 eröff- se. Doch damit nicht genug: Bedingt durch
am Inn. Die Straße trägt seit 19. Juli net und 1979 abgerissen, heute Hilton- die Einmündung der 1935 eröffneten Auto-
1875, wo die Auer, Haidhauser und Ramers- Hotel, und gegenüber der Münchner-Kindl- bahn Salzburg, wurde 1960 aus der südli-
dorfer Lüften vereinigt wurden, wieder Keller an der Rosenheimer Straße 30, im chen Rosenheimer Straße die Ottobrunner
ihren alten Gesamtnamen, nachdem sie Jahr 1880 eröffnet und 1963 geschlossen, Straße, wiederum eine geografische Ziel-
inzwischen auch Ramersdorfer Straße ge- heute Motorama. Der Name der Kellerstraße angabe. Denn die Autobahn führte auch an
heißen hatte.“ Der Magistrat erweckte die von 1856 bezieht sich pauschal auf diese der Stadt Rosenheim vorbei und ortsunkun-
kleine Ramersdorfer Straße im Jahr 1914 Örtlichkeit. dige Autofahrer hätten vor der Erfindung
zu neuem Leben, um den Ortsnamen des des Navis verwirrt sein können. Nebenbei
1864 eingemeindeten Dorfes zu erhalten. bemerkt, erhielt der Rosenheimer Platz als
Die spätere Rosenheimer Straße diente als Verkehrsknotenpunkt erst im Jahr 1929
Umgehungsstraße um die Dörfer Haidhau- seinen Namen und die Bezeichnung „Ro-
sen und Ramersdorf herum, deren enge senheimer Berg“ existiert im offiziellen
Wege selbst für den damaligen Fernverkehr Straßenverzeichnis gar nicht, er beschreibt
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