Page 24 - Taxikurier Oktober 2025
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STADTKUNDE MÜNCHEN

            ➔ DIE ROSENHEIMER STRASSE





           Erst verlängert und dann wieder verkürzt – Von Benedikt Weyerer



           Das Isartor gehört seit dem Jahr 1338 zur erweiterten Stadtbefestigung. Wenn man die Stadt dort in Richtung Osten verließ,
           überquerte man die Isarbrücke, die den Fluss in zwei Bögen überspannte, woher sich der Straßenname der Zweibrückenstraße
           von ungefähr 1800 ableitet. Beim Aufstieg auf das Hochufer der Isar konnte man seine Schritte beziehungsweise Fuhrwerke  entweder
           in die grobe Richtung nach Wien lenken, und zwar nach Osten auf der Inneren Wiener Straße, die ihren heutigen  Namen im Jahr 1856
             erhielt, und dann auf der Äußere Wiener Straße aus demselben Jahr, die genau hundert Jahre später, 1956, zur Einsteinstraße wurde.
           Oder man bewegte sich in Richtung Südosten mit Rosenheim als Fernziel.


           FRÜHE BENENNUNG                   zu schmal waren. Der breite Pfanzeltplatz   BENENNUNGEN 1875 BIS 1960
                                             in Perlach hingegen erlaubte eine direkte
             Die heutige Rosenheimer Straße blickt   Durchfahrt.               Die Rosenheimer Straße führte von Haid-
             auf eine bewegte Benennungs-Geschich-                             hausen bis zur damaligen Stadtgrenze bei
             te zurück. Eine erste urkundliche Er-                             der Seebauerstraße in Ramersdorf und von
             wähnung fanden die Bezeichnungen   BIERKELLER                     dort in Perlach über den Pfanzeltplatz hin-
             Haidhauser, Auer und Ramersdorfer                                 aus in Richtung Neubiberg. Nach der Einge-
             Lüften im Jahr 1760. Sie bezogen sich   Der Abhang zur Isar eignete sich zur unter-  meindung von Perlach im Jahr 1930 dauer-
             auf die genannten, im Jahr 1854 bezie-  irdischen Lagerung von Bier, das vor der   te es bis zum 11. Oktober 1956, dass der
             hungsweise 1864 nach München einge-  Erfindung der Kältemaschine zu Anfang der   Stadtrat den Namen des Verkehrsweges ver-
             meindeten Ansiedlungen rechts der Isar   1870er-Jahre nur während der kalten Jah-  einheitlichte, aber nur teilweise: Bis zum
             und auf die angenehmen Winde auf der   reszeit gebraut werden konnte. Entlang der   Pfanzeltplatz blieb die Bezeichnung Rosen-
             Hochebene oberhalb des Rosenheimer   späteren Rosenheimer Straße bis zum heu-  heimer Straße, ab dem Pfanzeltplatz erhielt
             Berges als Gegensatz zur eng bebau-  tigen Rosenheimer Platz errichteten Braue-  sie den Namen Neubiburger Straße. Das
             ten, stickigen, übel riechenden und   reien aus der Altstadt eine Vielzahl dieser   Protokoll vom 11. Oktober 1956 erklärt:
             unhygienischen Stadt, der heutigen   Bierkeller. Stadtauswärts links: Sternecker-  „Verlängern lässt sich auch die Rosenhei-
             Altstadt.                       keller, Hofbräuhauskeller I, Maderbräukeller   mer Straße bis zum Pfanzeltplatz. Nach der
                                             I, Leistbräukeller I und II, Schützbräukeller   dortigen starken Unterbrechung und Rich-
           Die Hochstraße von 1857 erinnert noch da-  I und II und Hallmairbräukeller. Stadt-  tungsänderung des Straßenzuges wird für
           ran, bis dahin hieß sie Fürstengasse. Karl   auswärts rechts: Hofbräuhauskeller II,   die Fortsetzung am besten ein neuer Name
           Graf von Rambaldi (1842–1922, Rambaldi-    Menterbräukeller I, Singlspielerbräukeller,   vorgeschlagen: Neubiberger Straße, als
           straße von 1930) schreibt in seinem 1894   Schleibingerbräukeller I, Kapplerbräukeller,   richtungsweisend zum Ort und Flugplatz
           erschienenen Buch „Die Münchener Stra-  Augustinerbräukeller, Menterbräukeller II,   Neubiberg.“ Einer der Gründe für die Umbe-
           ßennamen und ihre Erklärung“: „Zweigt   Hofbräuhauskeller III, Maderbräukeller II   nennung war die dortige Basis der US-Luft-
           vom Gasteig nächst dem Sterneckerkeller   sowie Schleibingerbräukeller II. Nach etli-  waffe, der bis 1958 bestand und dann von
           ab und zieht in südöstliche Richtung, zwi-  chen von ihnen haben sich bis heute Stra-  der Bundeswehr übernommen wurde. Die
           schen Haidhausen und Au. Sie führt in Ver-  ßennamen erhalten. Daraus entwickelten   Universität der Bundeswehr arbeitet erst
           längerung der Zweibrückenstraße über Per-  sich zwei große Brauereien mit veritablen   seit 1973 vor Ort. Die Neubiberger Straße
           lach, Peiß und Aibling nach der 18 Stunden   Bierpalästen, nämlich der Bürgerbräukeller   endet heute bei der Bahnlinie als Sackgas-
           von München entfernten Stadt Rosenheim   an der Rosenheimer Straße 15, 1885 eröff-  se. Doch damit nicht genug: Bedingt durch
           am Inn. Die Straße trägt seit 19. Juli   net und 1979 abgerissen, heute Hilton-   die Einmündung der 1935 eröffneten Auto-
           1875, wo die Auer, Haidhauser und Ramers-  Hotel, und gegenüber der Münchner-Kindl-   bahn Salzburg, wurde 1960 aus der südli-
           dorfer Lüften vereinigt wurden, wieder   Keller an der Rosenheimer Straße 30, im   chen Rosenheimer Straße die Ottobrunner
             ihren alten Gesamtnamen, nachdem sie   Jahr 1880 eröffnet und 1963 geschlossen,   Straße, wiederum eine geografische Ziel-
             inzwischen auch Ramersdorfer Straße ge-  heute Motorama. Der Name der Kellerstraße   angabe. Denn die Autobahn führte auch an
           heißen hatte.“ Der Magistrat erweckte die   von 1856 bezieht sich pauschal auf diese   der Stadt Rosenheim vorbei und ortsunkun-
           kleine Ramersdorfer Straße im Jahr 1914   Örtlichkeit.              dige Autofahrer hätten vor der Erfindung
           zu neuem Leben, um den Ortsnamen des                                des Navis verwirrt sein können. Nebenbei
           1864 eingemeindeten Dorfes zu erhalten.                             bemerkt, erhielt der Rosenheimer Platz als
           Die spätere Rosenheimer Straße diente als                           Verkehrsknotenpunkt erst im Jahr 1929
           Umgehungsstraße um die Dörfer Haidhau-                              seinen Namen und die Bezeichnung „Ro-
           sen und Ramersdorf herum, deren enge                                senheimer Berg“ existiert im offiziellen
           Wege selbst für den damaligen Fernverkehr                           Straßenverzeichnis gar nicht, er beschreibt




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