Page 29 - Taxikurier Juni 2025
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fehlsstrukturen weitere Zerstörungen in   Maxvorstadt: Geschwister-Scholl-Platz   medicinae, geboren 9.5.1921 in Forchten-
           München zu verhindern. Der Aufstand miss-  und Professor-Huber-Platz   berg. Hingerichtet am 22.2.1943 wegen
           lang und Gauleiter Paul Giesler (1895–                              Verbreitung von Flugblättern gegen den
           1945) ließ viele Teilnehmer erschießen,   Bereits am 5. Juli 1945 dachte die Verwal-  Nationalsozialismus in der Universität Mün-
           denn er wollte München in ein „positives   tung daran, möglichst schnell repräsentati-  chen am 18.2.1943.“ Sowie den Professor-
           Stalingrad“ verwandeln, also von hier aus   ve Straßen oder Plätze nach den ermorde-  Huber- Platz: „Dr. Kurt Theodor Ivo Huber,
           den nationalsozialistischen Endsieg errin-  ten Mitgliedern der Widerstandsgrupp   Universitätsprofessor, geboren 24.10.1893
           gen. Weil dies nicht gelang, flüchtete er in   Weiße Rose zu benennen: „Es handelt sich   in Chur (Schweiz), hingerichtet am
           die Alpen, wo er sich zusammen mit seiner   um Persönlichkeiten, die 1943 durch Ver-  13.7.1943 in München wegen Teilnahme
           Frau vergiften wollte, was allerdings miss-  teilen von Flugblättern, Plakatanschlägen   an der Studentenrevolte der Universität
           lang. Daraufhin ließ er am 8. Mai 1945 sich   und dergleichen es versuchten, die Bevöl-  München am 18.2.1943.“ Einige weitere
           selbst und seine Gattin von einem Offizier   kerung zum Widerstand gegen die Hitlerre-  Mitglieder der Weißen Rose erhielten
           erschießen, dieses Mal mit dem erwünsch-  gierung aufzurufen und das schlimmste     später auch ihre Straßennamen, aber dies
           ten Ergebnis. Der Feilitzschplatz war seit   Ende abzuwenden. Sie büßten ihren Mut   ist hier nicht das Thema.
           dem 17. November 1927 benennt nach:   mit dem Tode. Ihre Namen wurden im In-
           „Max Graf von Feilitzsch, Staatsrat, Staats-  und Ausland hierdurch bekannt, ja populär.
           minister des Innern, Exzellenz, geboren   (...), dass nicht nur die Amerikanische Mili-  Maxvorstadt: Platz der Opfer
           12.8.1834 zu Trogen, gesorben 19.6.1913   tärregierung, sondern auch das Publikum   des Nationalsozialismus
           zu München.“ Am 7. Dezember 1933 wurde   eine Auszeichnung durch Straßenbenen-
           er zur Danziger Freiheit und am 26. Juli   nungen begrüßen würde.“ Am 5. Februar   Der Stadtrat beschloss am 4. März 1946,
           1945 wieder zum Feilitzschplatz. Das Kapi-  1946 diskutierte man im Stadtrat die Be-  den bislang namenlosen Platz zum Platz
           tel „Danziger Freiheit“ muss hier aber über-  nennung der beiden bislang unbenannten   der Opfer des Nationalsozialismus zu ma-
           gangen werden. Am 3. Dezember 1946 be-  Plätze an der Universität nach den drei be-  chen, und die US-Militärbehörden billigten
           nannte der Stadtrat den Platz in Münchner   kanntesten Mitgliedern der Weißen Rose.   dies. Der geografische Anlass dafür war das
           Freiheit um, um auf diesem Weg dem Wi-  Im Protokoll heißt es: „Ich möchte heute   benachbarte, 1944 zerstörte Wittelsbacher-
           derstand gegen den Nationalsozialismus   bei den Straßenbenennungen den Wunsch   Palais an der Brienner Straße 50 [heute 20,
           ein Denkmal zu setzen: „Zur Erinnerung an   aussprechen, dass bei nächster Gelegenheit   Bayerische Landesbank], das seit 1933 als
           die bayerische Widerstandsbewegung, die   eine Straße nach den Geschwistern Scholl   Hauptquartier der Geheimen Staatspolizei
           wesentlich zum Sturz des Hitlerregimes   benannt wird, die mit der Befreiung Mün-  Zentrum der politischen Verfolgung gewe-
           beigetragen hat.“ Das Protokoll vermerkt   chens eng verbunden sind und ein ein-  sen war. Die neue Bezeichnung sorgte so-
           dazu: „In den letzten Tagen der Hitlerherr-  maliges Heroentum bewiesen haben. Wir   fort für Unmut, artikuliert beispielsweise in
           schaft setzte sich ein großer Kreis von Per-  erfüllen damit nicht nur eine persönliche   einer Zuschrift vom 28. März 1946 an den
           sonen dafür ein, diese Herrschaft zu besei-  Verpflichtung. Es ist naheliegend, den ju-  Stadtrat: „Ich bin weder ein Nazi, noch ein
           tigen oder zumindest einzuengen. Befehle   gendlichen Mut und die Opferbereitschaft   Parteigenosse, auch kein verkappter Nazi,
           von Partei- und Militärdienststellen wurden   der studierenden Geschwister Scholl mit   aber die Namen, die jetzt manchmal aus
           sabotiert, um eine rasche Beseitigung des   der Universität in Zusammenhang zu   der Taufe gehoben werden, erregen bei ver-
           sinnlosen Widerstandes herbeizuführen und     bringen. Die platzartige Erweiterung der   nünftigen Menschen mehr wie Kopfschüt-
           weiteres Blutvergießen und weitere Zerstö-  Ludwigstraße vor der Universität und vor   teln. Praktische Hilfe an KZ-lern ist mehr
           rungen zu verhindern. Ein Kreis von dama-  dem Priesterseminar hat eine besondere   wert wie Namensänderungen, die nur Hass
           ligen Wehrmachtsangehörigen hat sich   Benennung bisher nicht erhalten. Für den   und Unfrieden sähen.“ Der Unmut wurde
             besonders aktiv bemüht, Dienststellen   gegenüberliegenden Platz vor dem Priester-  aber auch bald in die Tat umgesetzt: An-
           gänzlich auszuschalten. So konnte z.B. die   seminar möchte ich die Bezeichnung Pro-  lässlich des ersten Jahrestages der Befrei-
           Freiheitsaktion Bayern den Münchner Sen-  fessor-Huber-Platz empfehlen. Es ist nahe-  ung Münchens, dem 30. April 1946, ent-
           der zeitweilig besetzen. Die von ihr dann   liegend, den jugendlichen Mut und die   fernten Unbekannte, denen diese Befreiung
           durchgegebenen Nachrichten haben die Wi-  Opferbereitschaft der studierenden Ge-  offenbar als Niederlage erschien, in der
           derstandskraft der Bevölkerung gegen das   schwister Scholl mit der Universität in Zu-  Nacht zum 2. Mai eines der neuen Namens-
           Naziregime erhöht. Diese machte sich vor   sammenhang zu bringen. Die platzartige   schilder und schraubten eines mit dem
           allem an den Randgebieten bemerkbar. In   Erweiterung der Ludwigstraße vor der Uni-    Namen „Platz der Opfer demokratischer
           Anerkennung der Tätigkeit dieser Gruppen   versität und vor dem Priesterseminar hat   Menschenverdummung“ an. Zum ersten
           und zur Erinnerung an den kundgegebenen   eine besondere Benennung bisher nicht   Jahrestag der bedingungslosen Kapitula-
           Willen zur Befreiung vom Naziregime soll     erhalten. Für den gegenüberliegenden Platz  tion der Wehrmacht, dem 7. Mai 1946, ver-
           der Feilitzschplatz nun in ‚Münchner Frei-  vor dem Priesterseminar möchte ich die   schwanden in der Nacht zum 9. Mai schon
           heit’ umbenannt werden. Das Andenken an   Bezeichnung Professor-Huber-Platz emp-  wieder zwei Schilder und eines wurde durch
           den verstorbenen Minister Feilitzsch wird   fehlen.“ Karl Preis präzisierte: „Die Frage,   Überpinseln unleserlich gemacht. Nichts
           durch die nach ihm benannte Feilitzsch-  eine Straße nach den Geschwistern Scholl   Neues unter der Sonne also.
           straße weiterhin aufrechterhalten.“   zu benennen, ist eine Instruktion.“ In
                                               anderen Worten: Die US-Militärbehörden
                                             drängten auf diese Benennung. Seit
                                             jenem 5. Februar 1946 gibt es also den
                                               Geschwister-Scholl-Platz: „Hans Scholl,
                                             candidatus medicinae, geboren 22.9.1918 in
                                             Ingersheim, und Sophie Scholl, candidata




                                                                                          JUNI 2025 ⁄ TAXIKURIER ⁄ 29
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