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fehlsstrukturen weitere Zerstörungen in Maxvorstadt: Geschwister-Scholl-Platz medicinae, geboren 9.5.1921 in Forchten-
München zu verhindern. Der Aufstand miss- und Professor-Huber-Platz berg. Hingerichtet am 22.2.1943 wegen
lang und Gauleiter Paul Giesler (1895– Verbreitung von Flugblättern gegen den
1945) ließ viele Teilnehmer erschießen, Bereits am 5. Juli 1945 dachte die Verwal- Nationalsozialismus in der Universität Mün-
denn er wollte München in ein „positives tung daran, möglichst schnell repräsentati- chen am 18.2.1943.“ Sowie den Professor-
Stalingrad“ verwandeln, also von hier aus ve Straßen oder Plätze nach den ermorde- Huber- Platz: „Dr. Kurt Theodor Ivo Huber,
den nationalsozialistischen Endsieg errin- ten Mitgliedern der Widerstandsgrupp Universitätsprofessor, geboren 24.10.1893
gen. Weil dies nicht gelang, flüchtete er in Weiße Rose zu benennen: „Es handelt sich in Chur (Schweiz), hingerichtet am
die Alpen, wo er sich zusammen mit seiner um Persönlichkeiten, die 1943 durch Ver- 13.7.1943 in München wegen Teilnahme
Frau vergiften wollte, was allerdings miss- teilen von Flugblättern, Plakatanschlägen an der Studentenrevolte der Universität
lang. Daraufhin ließ er am 8. Mai 1945 sich und dergleichen es versuchten, die Bevöl- München am 18.2.1943.“ Einige weitere
selbst und seine Gattin von einem Offizier kerung zum Widerstand gegen die Hitlerre- Mitglieder der Weißen Rose erhielten
erschießen, dieses Mal mit dem erwünsch- gierung aufzurufen und das schlimmste später auch ihre Straßennamen, aber dies
ten Ergebnis. Der Feilitzschplatz war seit Ende abzuwenden. Sie büßten ihren Mut ist hier nicht das Thema.
dem 17. November 1927 benennt nach: mit dem Tode. Ihre Namen wurden im In-
„Max Graf von Feilitzsch, Staatsrat, Staats- und Ausland hierdurch bekannt, ja populär.
minister des Innern, Exzellenz, geboren (...), dass nicht nur die Amerikanische Mili- Maxvorstadt: Platz der Opfer
12.8.1834 zu Trogen, gesorben 19.6.1913 tärregierung, sondern auch das Publikum des Nationalsozialismus
zu München.“ Am 7. Dezember 1933 wurde eine Auszeichnung durch Straßenbenen-
er zur Danziger Freiheit und am 26. Juli nungen begrüßen würde.“ Am 5. Februar Der Stadtrat beschloss am 4. März 1946,
1945 wieder zum Feilitzschplatz. Das Kapi- 1946 diskutierte man im Stadtrat die Be- den bislang namenlosen Platz zum Platz
tel „Danziger Freiheit“ muss hier aber über- nennung der beiden bislang unbenannten der Opfer des Nationalsozialismus zu ma-
gangen werden. Am 3. Dezember 1946 be- Plätze an der Universität nach den drei be- chen, und die US-Militärbehörden billigten
nannte der Stadtrat den Platz in Münchner kanntesten Mitgliedern der Weißen Rose. dies. Der geografische Anlass dafür war das
Freiheit um, um auf diesem Weg dem Wi- Im Protokoll heißt es: „Ich möchte heute benachbarte, 1944 zerstörte Wittelsbacher-
derstand gegen den Nationalsozialismus bei den Straßenbenennungen den Wunsch Palais an der Brienner Straße 50 [heute 20,
ein Denkmal zu setzen: „Zur Erinnerung an aussprechen, dass bei nächster Gelegenheit Bayerische Landesbank], das seit 1933 als
die bayerische Widerstandsbewegung, die eine Straße nach den Geschwistern Scholl Hauptquartier der Geheimen Staatspolizei
wesentlich zum Sturz des Hitlerregimes benannt wird, die mit der Befreiung Mün- Zentrum der politischen Verfolgung gewe-
beigetragen hat.“ Das Protokoll vermerkt chens eng verbunden sind und ein ein- sen war. Die neue Bezeichnung sorgte so-
dazu: „In den letzten Tagen der Hitlerherr- maliges Heroentum bewiesen haben. Wir fort für Unmut, artikuliert beispielsweise in
schaft setzte sich ein großer Kreis von Per- erfüllen damit nicht nur eine persönliche einer Zuschrift vom 28. März 1946 an den
sonen dafür ein, diese Herrschaft zu besei- Verpflichtung. Es ist naheliegend, den ju- Stadtrat: „Ich bin weder ein Nazi, noch ein
tigen oder zumindest einzuengen. Befehle gendlichen Mut und die Opferbereitschaft Parteigenosse, auch kein verkappter Nazi,
von Partei- und Militärdienststellen wurden der studierenden Geschwister Scholl mit aber die Namen, die jetzt manchmal aus
sabotiert, um eine rasche Beseitigung des der Universität in Zusammenhang zu der Taufe gehoben werden, erregen bei ver-
sinnlosen Widerstandes herbeizuführen und bringen. Die platzartige Erweiterung der nünftigen Menschen mehr wie Kopfschüt-
weiteres Blutvergießen und weitere Zerstö- Ludwigstraße vor der Universität und vor teln. Praktische Hilfe an KZ-lern ist mehr
rungen zu verhindern. Ein Kreis von dama- dem Priesterseminar hat eine besondere wert wie Namensänderungen, die nur Hass
ligen Wehrmachtsangehörigen hat sich Benennung bisher nicht erhalten. Für den und Unfrieden sähen.“ Der Unmut wurde
besonders aktiv bemüht, Dienststellen gegenüberliegenden Platz vor dem Priester- aber auch bald in die Tat umgesetzt: An-
gänzlich auszuschalten. So konnte z.B. die seminar möchte ich die Bezeichnung Pro- lässlich des ersten Jahrestages der Befrei-
Freiheitsaktion Bayern den Münchner Sen- fessor-Huber-Platz empfehlen. Es ist nahe- ung Münchens, dem 30. April 1946, ent-
der zeitweilig besetzen. Die von ihr dann liegend, den jugendlichen Mut und die fernten Unbekannte, denen diese Befreiung
durchgegebenen Nachrichten haben die Wi- Opferbereitschaft der studierenden Ge- offenbar als Niederlage erschien, in der
derstandskraft der Bevölkerung gegen das schwister Scholl mit der Universität in Zu- Nacht zum 2. Mai eines der neuen Namens-
Naziregime erhöht. Diese machte sich vor sammenhang zu bringen. Die platzartige schilder und schraubten eines mit dem
allem an den Randgebieten bemerkbar. In Erweiterung der Ludwigstraße vor der Uni- Namen „Platz der Opfer demokratischer
Anerkennung der Tätigkeit dieser Gruppen versität und vor dem Priesterseminar hat Menschenverdummung“ an. Zum ersten
und zur Erinnerung an den kundgegebenen eine besondere Benennung bisher nicht Jahrestag der bedingungslosen Kapitula-
Willen zur Befreiung vom Naziregime soll erhalten. Für den gegenüberliegenden Platz tion der Wehrmacht, dem 7. Mai 1946, ver-
der Feilitzschplatz nun in ‚Münchner Frei- vor dem Priesterseminar möchte ich die schwanden in der Nacht zum 9. Mai schon
heit’ umbenannt werden. Das Andenken an Bezeichnung Professor-Huber-Platz emp- wieder zwei Schilder und eines wurde durch
den verstorbenen Minister Feilitzsch wird fehlen.“ Karl Preis präzisierte: „Die Frage, Überpinseln unleserlich gemacht. Nichts
durch die nach ihm benannte Feilitzsch- eine Straße nach den Geschwistern Scholl Neues unter der Sonne also.
straße weiterhin aufrechterhalten.“ zu benennen, ist eine Instruktion.“ In
anderen Worten: Die US-Militärbehörden
drängten auf diese Benennung. Seit
jenem 5. Februar 1946 gibt es also den
Geschwister-Scholl-Platz: „Hans Scholl,
candidatus medicinae, geboren 22.9.1918 in
Ingersheim, und Sophie Scholl, candidata
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