Page 27 - Taxikurier Juni 2025
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Also entschied das Gremium bereits am    Vorstand des hiesigen Zollamtes vom   Bund fürs Leben. Seit dem 3. Januar 1946
           12. Februar 1946, die Straße wieder in   16.2.1920 bis 1.11.1926, geboren   heißt die Bürgermeister-Oberpriller-Straße
             Planegger Straße zurück zu benennen.   14.2.1861 und gestorben 8.2.1932 zu Pa-  positiv besetzt Karwinskistraße: „Wolf von
                                             sing.“ Bereits am 4. Oktober 1945 hatte   Karwinski, 1780–1855, war Botaniker und
                                             ein Anwohner des Kaspar-Schraut-Platzes   hat sich außerordentliche Verdienste um
           Pasing: Alois-Wunder-Straße       an Oberbürgermeister Scharnagl geschrie-  den Fortbestand der Botanischen Gesell-
                                             ben: „Der Kaspar-Schraut-Platz hier in Pa-  schaft in München erworben. Der Botani-
           Bis zum Jahr 1978 schien genügend Wasser   sing trägt den Namen eines Nationalsozia-  sche Garten und das Botanische Institut
           die Würm hinabgeflossen zu sein, denn    listen. Wie mir bekannt ist, war Kaspar   liegen in der Nähe.“
           der Münchner Stadtrat erinnerte sich am   Schraut der Begründer der NSDAP-Ortsgrup-
           20. April 1978 wieder der besonderen Ver-  pe Pasing. Es besteht somit die Forderung,
           dienste Wunders und beschloss für Pasing   auch diesen Straßennamen abzuändern,   Feldmoching: Seuffertstraße
           die Alois-Wunder-Straße mit der absichtlich  damit auch die letzten Reste dieser
           neutralen Erklärung: „Dr. Alois Wunder,   schmachvollen Zeit Deutschlands beseitigt   Die Georg-Sergl-Straße nach einem SA-Mann
             geboren 28.3.1878 in Zeyern, gestorben   werden.“ So schnell und leicht ließ sich das  (1908–1932) kam mit dem am 1. April
           14.7.1974 in Bad Reichenhall, von 1914   Erbe des Dritten Reiches zwar nicht bewäl-  1938 eingemeindeten Feldmoching, Ortsteil
           Bürgermeister und von 1928 bis 1938   tigen, aber immerhin erhielt der Platz am   Fasanerie-Nord, nach München. Sergl wurde
           Oberbürgermeister der ehemaligen Stadt   3. Januar 1946 den Namen Otto-Engl-Platz:   als jugendlicher Vorkämpfer für den Natio-
           Pasing.“                          „Otto Engl (1856–1927) war Stadtrat der   nalsozialismus dargestellt, in Wirklichkeit
                                             Demokratischen Partei in Pasing und hat   war das sehr frühe Mitglied der NSDAP mit
                                             sich um die Errichtung des Pasinger Gas-  der ausgesprochen niedrigen Karteinummer
           Pasing: Maria-Eich-Straße         werkes sowie um die Ausdehnung des Gas-  34.311 am 5. September 1932 im Dante-
                                             rohrnetzes in Pasing große Verdienste er-  stadion am Hitzschlag gestorben. Am
           Seit alters führte die Maria-Eich-Straße in   worben. Der Platz liegt in einem Viertel mit  4. August 1945 kam Oberbürgermeister Karl
           Richtung des dortigen Wallfahrtsortes. Als   Namen alter Pasinger Bürger- und Bauern-  Scharnagl auf die schlechte Idee, diesen
           der Pasinger Stadtrat am 29. März 1938   geschlechter.“             politisch belasteten Namen ausgerechnet
           Oberbürgermeister Alois Wunder mit einer                            durch die Runenstraße zu ersetzen: „Nach
           Straße ehrte, sollte auch der 2. Bürger-                            den Runen, germanische Schriftzeichen.“
           meister Josef Amann (1890–1964) nicht   Obermenzing: Karwinskistraße  Am 21. August 1945 bat er die US-Militär-
           leer ausgehen, weswegen die Maria- Eich-                            regierung um Genehmigung: „Dieser Name
           Straße zur Bürgermeister-Amann-Straße   Die Bürgermeister-Oberpriller-Straße war   wurde ausgewählt, da in unmittelbarer
           wurde. Amann war am 31. März 1927 der   am 1. Dezember 1938 mit Obermenzing   Nachbarschaft zwei weitere Straßen liegen,
           NSDAP mit der sehr niedrigen Mitgliednum-  eingemeindet worden. Über ihren Namen-  für die ich bereits zwei Benennungsvor-
           mer 58.688 beigetreten, gehörte seit 1929   geber heißt es in der Festschrift zur Einge-  schläge aus der altdeutschen Geschichte
           als Erster seiner Partei dem Stadtrat in Pa-  meindung: „In der Gemeinde Obermenzing   machte.“ – nämlich die Sachsenspiegel-
           sing an und wurde 1934 als Bürgermeister   war Georg Oberpriller in der Zeit von 1907   straße und die Schwabenspiegelstraße. Der
           vereidigt. Wie bei Wunder, galt die Ein-  bis 1934, also fast ein Menschenalter,   Begriff „Runen“ war nun aber inhaltlich
           schränkung mit den bereits Verstorbenen     ununterbrochen teils als zweiter, teils    belastet durch den Begriff „SS-Runen“, so
           auch bei ihm nicht. Nach der Eingemein-  als  erster Bürgermeister tätig. In den ent-  dass Scharnagl am 6. September 1945 an
           dung Pasings am 1. April 1938 wurde   scheidenden Kampf- und Siegesjahren   Karl Preis berichten musste, die Militärre-
           Amann Bürgermeister im oberbayerischen   1924–1934 war er, ein aufrechter und   gierung habe mit äußerstem Befremden auf
           Murnau und konnte damit seinen berufli-    einsatzbereiter Nationalsozialist, erster   seinen Vorschlag reagiert und keinerlei Ein-
           chen Rang beibehalten. Der 7. August 1945  Bürgermeister und es stand ihm Altpartei-  verständnis in Aussicht gestellt. Er übte
           brachte die Entfernung des braun belaste-  genosse [Michael] Ostertag bis 1931 als   nun Selbstkritik: „Auch ich bin mit diesem
           ten Straßennamens und seine Umbenen-  Gemeinderat und von da ab als zweiter   Vorschlag nicht einverstanden.“  Seit dem
           nung in Gräfelfinger Straße. Weil sich aber   Bürgermeister in kameradschaftlicher Mit-  3. Januar 1946 heißt der Verkehrsweg da-
           die Pasinger an diese neue Bezeichnung   arbeit zur Seite, um nach Oberprillers Tod   her Seuffertstraße: „Die beiden Juristen
           nicht gewöhnen konnten, erfolgte dann    [1934] als erster Bürgermeister die Ge-  Johann Adam und Lothar Seuffert, 1794–
           am 28. März 1946 die Rückbenennung in   meinde bis zu ihrer Eingliederung nach   1847 beziehungsweise 1843–1917, waren
           Maria-Eich-Straße: „Nach dem nahe gelege-  München zu leiten. Es ist ein besonderes   Rechtslehrer an der Universität in Mün-
           nen Wallfahrtsort.“ Am 4. Juli 1964 starb   Ruhmesblatt nicht nur für diese beiden   chen. Der letztere ist sehr bekannt gewor-
           Amann in Murnau.                  Männer, sondern auch für die gesamte Bür-  den durch seinen Kommentar zur Zivilpro-
                                             gerschaft, dass Obermenzing so frühzeitig   zessordnung und sein Werk ‚Deutsches
                                             eine Hochburg des Nationalsozialismus   Konkursrecht’. In unmittelbarer Nähe liegen
           Pasing: Otto-Engl-Platz           wurde. In den kritischen und bedeutsamen   zwei Straßen mit weiteren Namen aus der
                                             Jahren um 1923 war Ministerpräsident Ge-  Geschichte des Rechts.“
           Unter Alois Wunders maßgeblicher Mitwir-  neralfeldmarschall Hermann Göring Ober-
           kung als Pasinger Oberbürgermeister wurde   menzinger Bürger und schloss dort auch
           am 1. Juni 1934 der Kaspar-Schraut-Platz   seine erste Ehe.“ Göring (1893–1946) lebte   Freimann
           benannt und erklärt mit: „Zur Erinnerung   in der Reginbaldstraße und schloss am
           an den Vorkämpfer der Nationalen Erhe-  3. Januar 1923 mit der Schwedin Carin von   Am 3. Januar 1946 stand auch die
           bung, Zollinspekteur Kaspar Schraut.    Kantzow (1888–1931) in Obermenzing den   Kruppstraße auf der Tagesordnung. Sie war




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