Page 16 - Taxikurier August und September 2025
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TITELTHEMA

            ➔ SUMMERTIME – URLAUB DAHEIM





           Von Benedikt Weyerer



           Im Jahr 1966 veröffentlichte die US-Gruppe Lovin’ Spoonful ihr Lied „Summer in the City“, ein Ohrwurm,
           der auch heute noch – nach über einem halben Jahrhundert – gut klingt. Aus dem Englischen übersetzt, geht es im Text
           um eine tagsüber unerträglich heiße Stadt, in der aber gegen Abend das ausgelassene Leben an Fahrt aufnimmt.


             Schauen wir, wie das im Sommer 2025   Biergärten in der Stadt     gehören sie alle zum Münchner Lebensge-
             in München aussehen könnte, welche                                fühl. Auch der Berliner Maler Max Lieber-
             Angebote und Möglichkeiten sich hier   Vor der Erfindung der maschinellen Küh-  mann (1847–1935, Max-Liebermann-Straße
             für „Urlaub daheim“ ergeben.    lung mittels elektrischen Stromes im Jahr   von 1947) konnte sich dieses Gefühles
                                             1876 durch  Carl von Linde (1842–1934,   nicht entziehen und hat es im Jahr 1884
                                             Doktor-Carl-von-Linde-Straße von 1982)   in seinem Gemälde „Münchner Biergarten“
           Hitze und Wasser                  wurde das Bier unter der Erde in Gewölben   perfekt eingefangen: Der Blick fällt auf
                                             aus Ziegeln eingelagert. Um das Bier noch     einen gut besuchten Biergarten. Unter den
           Das Leben auf der Erde entstand aus dem   zusätzlich vor der sommerlichen Sonne zu   dichten Laubkronen der Bäume sitzen Frau-
           Wasser, noch heute sind 71 Prozent der   schützen, wurden über den Kellern Bäume   en und Männer verschiedener sozialer Her-
           Erd oberfläche von Wasser bedeckt, weswe-  gepflanzt, und zwar die mit dem dichtesten  kunft und jeden Alters bei Bier und Brot-
           gen die Erde vom Weltall aus als Blauer   Laub, die Kastanien. Die Keller dienten le-  zeit zusammen. Im Vordergrund des Bildes
           Planet erscheint. Ohne Wasser kann es kein   diglich der Lagerung des Bieres, es gab kei-  ist eine freie Fläche geblieben, auf der
           Leben geben, egal in welcher Form. Ein   ne Ausschankgenehmigung. Dennoch wurde   zwei Mädchen spielen und im Bildhinter-
           durchschnittlicher Erwachsener verliert bei   hier unten illegal Bier verkauft und dieser   grund spielt vor einer holzverkleideten
             normaler Tätigkeit pro Tag rund 2,5 Liter   weit verbreitete Zustand wurde erst 1812   Wand auf einem Podest die Kapelle. Dieses
           Flüssigkeit und sollte daher mindestens   von König Maximilian I. Joseph (1756–  Gemälde gehört zum Bestand der Neuen
           1,5 Liter Flüssigkeit zu sich nehmen, der   1825, Max-Joseph-Platz von 1805, Maximi-    Pinakothek, die derzeit allerdings wegen
           restliche Liter ist in der festen Nahrung   liansplatz von 1808, Max-Joseph-Straße   Sanierungsarbeiten auf Jahre hinaus ge-
           enthalten. Wird zu wenig getrunken, so   von 1859) allerhöchst abgesegnet. Da aber   schlossen bleibt, kann aber im Internet
           macht sich dies durch die Einschränkung   weiterhin keine Speisen verkauft werden   heruntergeladen werden.
           der körperlichen und geistigen Leistungsfä-  durften, brachten die Besucher der Keller
           higkeit bemerkbar. Bei höheren Temperatu-  ihre Speisen selber mit. Im Sommer bot es
           ren – gerade im Sommer – sollte die aktiv   sich an, das Treiben in den Kellern nach   Der Isarstrand
           aufgenommene Menge an Flüssigkeit natür-  oben unter die schattigen Bäume zu verle-
           lich höher liegen und dies muss nicht im-  gen. Und daher stammt die kundenfreundli-  Doch zurück zum Wasser: Die Stadtverwal-
           mer in der Form von Wasser geschehen,   che Sitte, dass man in den Biergärten zwar   tung nahm die Bundesgartenausstellung
           auch wenn Wasser die Grundlage einer je-  die Getränke beim Wirt kaufen muss, sich   (BUGA) im Jahr 2005 in Riem zum Anlass,
           den Flüssigkeit ist. Ärzte weisen darauf   aber das Essen selbst mitbringen kann. Da-  von 2005 bis 2011 den so genannten Isar-
           hin, dass eine zu geringe Aufnahme von   neben ist es aber auch möglich, Essen an   Plan in Angriff zu nehmen. Dieser beinhal-
           Flüssigkeit – wer hätte das gedacht? – zu   Ort und Stelle zu erwerben. Außerdem soll   tete die Renaturierung der Isar auf einem
           Durstgefühl und Mundtrockenheit führen   der Boden eines richtigen bayerischen Bier-  acht Kilometer langen Abschnitt zwischen
           kann, aber auch zu geschwollener Zunge,   gartens mit Kies bestreut sein und Kastanien   der Großhesseloher Brücke und dem Deut-
           beschleunigtem Herzschlag, verdicktem   den notwenigen Schatten spenden. Und   schen Museum und stand unter dem Motto
           Blut oder sogar zu Verwirrung. Ein Zuviel   Bäume ganz allgemein haben leider den   „Neues Leben für die Isar“. Der Hochwas-
           dagegen an Wasser oder anderen Getränken   Nachteil, dass man die Getränke gegen her-  serschutz wurde verbessert, die Flussufer
           ist jedoch ebenfalls nicht ratsam. Hier kön-  abfallende Blüten abdecken sollte. Spätes-  naturnäher gestaltet und damit der Frei-
           nen eintreten: Atembeschwerden, Krämpfe,   tens seit 1812 also gehören die Biergärten   zeitwert wesentlich verbessert. Es flossen
           ebenfalls Verwirrtheit und selbst Bewusst-  zu München wie der Henkel zum Masskrug   insgesamt 35 Millionen Euro in das Projekt,
           losigkeit bis hin zum Koma. Und damit   und daher erstaunt es auch wenig, dass der   Geld, das sehr gut angelegt ist. Im Rahmen
             wären wir auch schon beim sommerlichen   weltweit größte von ihnen hier in der Stadt  der Renaturierung wurde das Flussbett er-
           Thema „Biergarten“.               liegt, nämlich der Hirschgarten mit seinen   weitert und die steinernen Ufer sind fla-
                                             8.000 Plätzen. Es gibt sehr große und gro-  chen, teilweise terrassenförmigen, begeh-
                                             ße, oft weltbekannte Biergärten, aber auch   baren Ufern gewichen und es entstanden
                                             sehr viele kleinere und wenig bekannte, die   Kiesflächen und natürliche Uferformationen
                                             sich kaum alle zählen lassen. Auf alle Fälle   mit vielen Erholungs- und Sportmöglichkei-




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