Page 35 - Taxikurier November 2025
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die Großmarkthalle in den Jahren   Hallen, zwischen denen niedere Zwischen-    wider. Hallen als Eisenbetonkonstruktionen
           1910 ⁄ 1911 durch den städtischen Baurat   hallen eingegliedert sind. Der nördlichen   entstanden damals in vielen Städten, etwa
           Richard Schachner erbaut. Die Obstzollhalle  und südlichen großen Halle sind Anbauten   die elf auf das Stadtgebiet verteilen Markt-
           dient der allgemeinen Zollbehandlung von   vorgelagert, die den Zwischenhallen ähn-  hallen in Berlin, die Deichtorhallen in
           Obst, Gemüse usw. und ist deshalb geson-  lich ausgestaltet sind. Die vier Haupthallen   Hamburg oder die Großmarkthallen in Köln
           dert von der Großmarkthalle errichtet. Sie   mit den zwei Zwischenhallen bilden den ei-  und Breslau. Nebenbei bemerkt, entstan-
           besteht aus einem zweigeschossigen Kopf-  gentlichen Marktraum. Der südliche Anbau   den in derselben Zeit, nämlich im Jahr
           bau, in dem sich die Büros der Zollverwal-  enthält im Erdgeschoss die Büroräume der   1908, und ebenfalls ausgeführt als Kon-
           tung und Geschäftsräume für Spediteure   Markthallenverwaltung, eine Bedürfnisan-  struktion in Eisenbeton die drei Messe-
           befinden, und der sich anschließenden   stalt, Räume für die Filiale der städtischen   hallen auf der Schwanthalerhöhe, die seit
           Zollhalle. Unter der Zollhalle befinden sich   Sparkasse und ein Bankgeschäft. Im Ober-  2003 das Verkehrszentrum des Deutschen
           Lagerräume. Die südlich der Obstzollhalle   geschoss befinden sich Dienstwohnungen.   Museums beherbergen. Nicht weit entfernt
           gelegene Großmarkthallenanlage besteht   Der nördlich gegen den Markthallenraum   südlich der Großmarkthalle befindet sich
           aus dem Marktzwecken dienenden Hallen-  offene Anbau dient als Güterabfertigungs-  seit 1909 die Schachnerstraße, benennt
           bau und einer gesondert davon errichteten   halle. Der Großmarkthallenbau ist unterkel-  nach dem Magistratsrat Maximilian Schach-
           Gebäudegruppe an der Valleystraße [seit   lert. Die Keller sind durch Zwischenwände   ner (1842–1896) und nicht nach dem
           1925 Kochelseestraße, d,V.], in der ein   in Unterabteilungen geteilt. Unter dem     Architekten der Großmarkthalle Richard
           Postamt, eine Gastwirtschaft, verschiedene   südlichen Anbau sind im Kellergeschoss   Schachner, der 1873 geboren wurde und
           Büros und eine größere Zahl von Dienst-  unter anderen die Kellerräume für die Zent-  erst 1936 verstarb. Nach umfangreichen
           wohnungen untergebracht sind. Auf dem   ralheizungsanlage der Markthalle  und die   Zerstörungen durch Bombardierungen wäh-
           südwestlichen Teil des Areals ist ein größe-  Druckzentrale für die hydraulisch betriebe-  rend des Zweiten Weltkrieges (1939–1945)
           rer Platz für die Errichtung eines zweiten   nen großen Lastenaufzüge untergebracht.   erfolgte unmittelbar anschließend zur Ver-
           Hallenbaues reserviert. Das gesamte Areal   Das unter der Güterabfertigungshalle   sorgung der Bevölkerung der Wiederaufbau.
           der Großmarkthallenanlage einschließlich     gelegenen Untergeschoss ist in zwei Stock-  Im Jahr 1961 entstand in der ehemaligen
           der Auffahrtsstraßen und Wagenstandplät-  werke geteilt und enthält Kühl- und Ge-  Kartoffelhalle die neue Blumengroßmarkt,
           ze, jedoch ohne die Zollabfertigungshalle   frierräume nebst der dazugehörigen ma-  1970 wurde die Gärtnerhalle erbaut. 1971
           und die dazugehörigen Ladehöfe umfasst   schinellen Anlage.         integrierte man die Thalkirchner Straße
           eine Fläche von 37.100 Quadratmetern. In-                           südlich der Lagerhausstraße in das Be-
           folge der günstigen Terrainverhältnisse ist   Eine große Zahl von Treppen und Aufzügen   triebsgelände, seitdem ist sie von dort bis
           die Großmarkthalle sowohl im Hauptge-  vermitteln den Verkehr zwischen Hauptge-  zur Reichersbeurer Straße gesperrt und
           schoss als auch im Untergeschoss unmittel-  schoss und Untergeschoss. Die Einteilung   wurde in diesem Bereich namensmäßig
           bar allseitig von Straßen aus zugänglich.   der Verkaufsplätze und die Führung der   nach Westen verschoben. Bis 1971 war dies
           Zum Untergeschoss des Markthallenbaues   Straßen sind aus den Grundrissen zu erse-  der südliche Teil der Gotzinger Straße.
           führen drei von Lagerhausstraße aus unter   hen. Die fast vollständig aus Eisenbeton
           der Zollanlage hindurchführende Straßen-  hergestellte Markthalle zeigt im ganzen
           züge, deren einer die Großmarkthalle im   Aufbau die Art ihrer Konstruktion  und hat   Betrieb
           Untergeschoss in der Mitte durchschneidet   als Nutzbau im Inneren und Äußeren eine
           und auf der südlichen Seite in mäßiger   sehr einfache Ausstattung erhalten. Die   Der Ausbau des europäischen Eisenbahn-
           Steigung zur Valleystraße hochgeführt ist,   Fassaden sind durchwegs mit Kalkmörtel   netzes, insbesondere die Verbindung zwi-
           während die beiden seitlichen Unterfahrten   verputzt, die Dächer der Hallen sind mit   schen Italien und Deutschland über den
           das Untergeschoss in der ganzen Länge   Biberschwänzen, die Dächer der Zwischen-  Brenner seit 1869, ermöglichte in großem
           umschließen. An der Nordseite der Groß-  bauten und der seitlichen Ausbauten mit   Umfang die Einfuhr der begehrten Süd-
           markthalle liegen längs der an den Hallen-  Blech gedeckt. Die Halle ist durch die Gie-  früchte, die somit nicht mehr für den Nor-
           bau sich anschließenden Eilgut- und Güter-  belfenster und die seitlichen hohen Ober-  malverbraucher unerschwinglich blieben.
           abfertigungshalle zwei vom Südbahnhof   lichtfenster ausgiebig beleuchtet. Die   Damit etablierte sich erstmals ein umfang-
           abzweigende Gleise. Der Markthallenbau   künstliche Beleuchtung erfolgt durch elekt-  reicher, vom Erzeuger unabhängiger Le-
           besteht aus vier aus Eisenbeton errichteten   risches Licht. Der Hallenraum kann durch   bensmittelhandel in Form von Obst- und
                                             eine Niederdruckdampfheizung erwärmt   Gemüsegroßhändlern, deren Warenum-
                                             werden. Die Kosten der Großmarkthallen-  schlag die Kapazitäten von Schrannenhalle
                                             anlage belaufen sich auf rund 3.000.000   und Viktualienmarkt bereits seit den
                                             Mark. Die Obstzollanlage erforderte einen   1880er-Jahren überstiegen hatten. In den
                                             Kostenaufwand von 950.000 Mark.“ Dem   1920er-Jahren entwickelte sich München
                                             ist in seiner zeitgenössischen Genauigkeit   zum Hauptumschlagplatz für den deutschen
                                             nichts mehr hin zuzufügen. Am 14. Februar   Handel mit Südfrüchten und die Anlage
                                             1912 fand die Eröffnung der Großmarkthal-  wurde um den Umschlagbahnhof zwischen
                                             le durch Oberbürgermeister Wilhelm Ritter   Thalkirchner Straße und Schäftlarnstraße
                                             von Borscht (1857–1943, Borschtallee von   sowie um den Gärtnermarkt, die Sortierhal-
                                             1920) statt. Wie kein anderer innerstädti-  le und das Kontorgebäude an der Thalkirch-
                                             scher Gebäudekomplex spiegelt die Groß-  ner Straße 81 erweitert. Inzwischen spielt
                                             markthalle den fortschreitenden Urbanisie-  der Gleisanschluss keine Rolle mehr, da
                                             rungs- und Modernisierungsprozess vom   sich die Versorgung auf die Straße, insbe-
                                             späten 19. und frühen 20. Jahrhundert   sondere den Mittleren Ring, verlagerte.




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