Page 15 - Taxikurier April 2021
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Geschädigten trifft bei fiktiver Schadensabrechnung    hend, dass der Unfallgeschädigte konkret zu den tatsächlichen
            keine Dar legungspflicht hinsichtlich veranlasster oder   Reparaturkosten vortragen muss, wenn der Unfallverursacher ins
            nicht veranlasster Reparaturmaßnahmen             Blaue hinein behauptet, die tatsächlich angefallenen Kosten
                                                                seien niedriger als die fiktiven.

            Wahlrecht des Geschädigten zwischen tatsächlicher oder   (Oberlandesgericht München,
            fiktiver Schadensabrechnung                       Urteil vom 17.12.2020 – 24 U 4397 ⁄ 20)

            Der Geschädigte hat das Wahlrecht, ob er nach der Beschädigung
            seines Pkw die tatsächlich angefallenen oder fiktiven Reparatur-  BGH: Taschenrechner am Steuer verboten
            kosten ersetzt verlangt. Im Fall der fiktiven Schadensabrechnung
            muss er nicht darlegen, welche konkreten Reparaturmaßnahmen
            er veranlasst oder nicht veranlasst hat. Dies hat das Oberlandes-  Bußgeld wegen Verstoßes gemäß § 23 Abs. 1a StVO
            gericht München entschieden.                      rechtmäßig

            In dem zugrunde liegenden Fall bestand nach einem Verkehrs-  Der Bundesgerichtshof hat entscheiden, dass das Bedienen eines
            unfall Streit darüber, ob der Unfallgeschädigte die laut Sachver-  Taschenrechners durch einen Fahrzeugführer während der Fahrt
            ständigengutachten bestehenden fiktiven Reparaturkosten in   die Voraussetzungen eines Verstoßes gegen § 23 Abs. 1a StVO
            Höhe von über 9.000 EUR vom Unfallverursacher ersetzt verlan-    erfüllt und deshalb bußgeldbewehrt ist.
            gen kann. Der Unfallverursacher verweigerte dies. Er führte an,
            dass die nach dem Sachverständigengutachten erforderliche Re-  In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall war ein Auto-
            paratur tatsächlich vollständig sach- und fachgerecht durchge-  fahrer vom Amtsgericht Lippstadt in Westfalen zu einer Geldbuße
            führt wurde, wofür maximal ein Betrag von 5.000 EUR entstan-  verurteilt worden, weil er während der Fahrt einen Taschenrech-
            den sein könne. Der Schadenersatzanspruch sei nach Meinung   ner bedient hatte. Diese Rechtsfrage wurde dem Bundesgerichts-
            des Unfallverursachers daher auf 5.000 EUR zu begrenzen. Nach-  hof vom Oberlandesgericht Hamm zur Entscheidung vorgelegt,
            dem das Landgericht Kempten über den Fall entschied, musste   weil sich das vorlegende Gericht an der Bejahung der Frage durch
            das Oberlandesgericht München eine Entscheidung treffen.  eine abweichende Auffassung des Oberlandesgerichts Oldenburg
                                                              gehindert sah.
            Das Oberlandesgericht München führte zum Fall aus, dass der
              Geschädigte grundsätzlich die Wahl habe, ob er nach einer   Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ein Taschenrechner
              Beschädigung seines Pkw die tatsächlich angefallenen oder die   der Regelung des § 23 Abs. 1a StVO unterfällt, weil es sich um
            ausweislich eines Sachverständigengutachtens erforderlichen   ein elektronisches Gerät im Sinne der Vorschrift handelt, das der
              Reparaturkosten als Schadensersatz geltend macht. Etwas   Information dient. Am Steuer darf ein Taschenrechner daher
              anderes gelte aber, wenn der Geschädigte seinen Schaden sach-   nicht benutzt werden.
            und fachgerecht in dem Umfang reparieren lässt, den der Sach-
            verständige für notwendig gehalten hat, und die von der be-  Gesetzliche Grundlage der Entscheidung ist eine Änderung der
            auftragten Werkstatt berechneten Reparaturkosten die von dem   Straßenverkehrsordnung aus dem Jahr 2017. Bis dahin war nur
            Sachverständigen angesetzten Kosten unterschreiten. In diesem   das Benutzen von Mobil- und Autotelefonen am Steuer ausdrück-
            Fall  belaufe sich auch im Rahmen einer fiktiven Abrechnung der   lich verboten. Die Neuregelung hat das Verbot auf alle elektroni-
            Schadensersatz auf die tatsächlich angefallenen Bruttokosten.  schen Geräte erweitert, die der Kommunikation, Information und
                                                              Organisation dienen. Erfasst sind außerdem Geräte der Unterhal-
            Geschädigten trifft bei fiktiver Schadenabrechnung keine Dar-  tungselektronik und Navigationsgeräte. Sie dürfen vom Fahrzeug-
            legungspflicht hinsichtlich veranlasster oder nicht veranlasster   führer nur noch benutzt werden, wenn sie hierfür weder aufge-
            Reparaturmaßnahmen                                nommen noch in der Hand gehalten werden. Auch dann darf der
                                                              Fahrer den Blick nur kurz vom Verkehr abwenden oder er muss
            Bei einer tatsächlich durchgeführten sach- und fachgerechten   eine Sprachsteuerung nutzen.
            Reparatur müsse der Unfallgeschädigte aber nicht zu den tat-
            sächlichen Reparaturkosten vortragen, so das Oberlandesgericht,   (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.12.2020 – 4 StR 526 ⁄ 19)
            um die fiktiven Reparaturkosten ersetzt zu verlangen. Der Ge-
            schädigte sei nicht verpflichtet, zu den von ihm veranlassten
            oder nicht veranlassten Reparaturmaßnahmen konkret vorzutra-
            gen. Es bestehe auch keine sekundäre Darlegungslast dahinge-






                                                                                         APRIL 2021 ⁄ TAXIKURIER ⁄ 15
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