Page 13 - Taxikurier März 2021
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RECHTSPRECHUNG


             ➔ URTEILE



            Autofahrer müssen bei Fahrten auf Landstraßen
            mit Hindernissen rechnen



            LG Köln weist Schadensersatzansprüche zurück

            Das Landgericht Köln hat entschieden, dass ein Eigentümer
              keinen Schadensersatz für sein beschädigtes Auto erhält, wenn
            der Fahrer mit dem Wagen gegen einen umgestürzten Baum
            fährt, der hinter einer Kurve quer auf der Fahrbahn liegt.
                                                              Feuchtigkeit der Fahrbahn genügt nicht zur Annahme von
            Am 07.01.2020 gegen 2.30 Uhr fuhr der Sohn des Klägers mit   „schlechten Wetterverhältnissen“ gemäß Nr. 8.1 BKatV
            dessen Wagen in Wermelskirchen auf der L409. Der Kläger be-
            hauptet, dass sein Sohn dort mit einem hinter einer Rechtskurve
            quer über der Straße liegenden, umgestürzten Baum kollidiert   Aquaplaning, Starkregen mit Sichtbehinderung und
            sei. Dadurch sei ein Schaden an dem Fahrzeug verursacht wor-    Lichtreflexen, erheblicher Schneefall stellen „schlechte
            den. Die Kontrolleure, die sich die Bäume im Auftrag des beklag-  Wetterverhältnisse“ dar.
            ten Landes regelmäßig ansehen, hätten bei der letzten Kontrolle
            erkennen müssen, dass der Baum in einem schlechten Zustand   Allein eine feuchte Fahrbahn begründet keine „schlechten Wet-
            gewesen sei. Bei näherer Untersuchung hätte sich herausgestellt,   terverhältnisse“ gemäß Nr. 8.1 BKatV. Solche liegen vielmehr
            dass der Baum krank war und die Gefahr bestand, dass er auf die   zum Beispiel bei Aquaplaning, Starkregen mit Sichtbehinderung
            Straße fallen kann. Der Kläger macht Schadenersatz wegen seines  und Lichtreflexen oder erheblichem Schneefall vor. Dies hat das
            beschädigten Autos in Höhe von 4.578,08 Euro gegen das Land   Oberlandesgericht Zweibrücken entschieden.
            Nordrhein-Westfalen geltend.
                                                              Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: In einer Nacht im
            Das beklagte Land ist der Ansicht, die Kontrollen seien regel-  Oktober 2018 rutschte ein Motorradfahrer mit seinem Fahrzeug
            mäßig und sorgfältig durchgeführt worden. Bei der letzten Sicht-  bei feuchter Fahrbahn weg und prallte gegen ein am Straßenrand
            kontrolle Anfang Januar 2020 sei kein äußerlich erkennbarer   stehendes Schild, das dadurch beschädigt wurde. Das Amtsge-
              Befund für eine Umsturzgefährdung festgestellt worden.  richt Primasens hat den Betroffenen deswegen wegen Fahrens
                                                              mit nicht angepasster Geschwindigkeit bei schlechten Wetterver-
            Das Landgericht hat die Ansprüche des Klägers auf Schadens-  hältnissen (Nr. 8.1 BKatV), wodurch es zu einem Unfall verbun-
            ersatz abgewiesen. Zwar ist das beklagte Land für die Straße   den mit einer Sachbeschädigung kam, zu einer Geldstrafe von
              verantwortlich und muss daher dafür Sorge tragen, dass sich die   145 EUR verurteilt. Dagegen richtete sich die Rechtsbeschwerde
            Straße in einem Zustand befindet, der eine möglichst gefahrlose   des Betroffenen.
            Nutzung zulässt. Die erforderlichen Kontrollen der Straßenbäume
            wurden auch regelmäßig vorgenommen. Eine schuldhafte Verle t-  Das Oberlandesgericht Zweibrücken entschied zu Gunsten des
            zung der Verkehrssicherungspflicht durch das Land liege aller-    Betroffen. Von „schlechten Wetterverhältnissen“ im Sinne von
            dings nur dann vor, wenn Anzeichen übersehen worden wären,   Nr. 8.1 BKatV könne bei einer feuchten Fahrbahn nicht ausgegan-
            die auf eine weitere Gefahr durch den Baum hingewiesen hätten.   gen werden. Es sei vielmehr eine Wettersituation zu fordern, die
            Der Kläger habe aber weder erklären können, was die Ursache für   zum einen von ihrer offensichtlichen Gefährlichkeit für ein siche-
            den Umsturz des Baums gewesen sei, noch warum das bei der   res Fahren mit den genannten Beispielen, Nebel und Glatteis,
            letzten Kontrolle hätte erkennbar sein müssen.    vergleichbar ist und zum anderen auch gemeinhin unter dem
                                                                Begriff der schlechten Wetterverhältnisse fällt. Dies sei etwa bei
            Die vom Land angegebene Wurzelfäule, die den Baum befallen   Aquaplaning, Starkregen mit Sichtbehinderung und Lichtreflexen
            haben soll, sei nach außen nicht sichtbar gewesen. Da der Baum   oder erheblichem Schneefall der Fall. Ein solches vergleichbares
            bereits beseitigt worden ist, sei auch eine weitere Begutachtung   Wettergeschehen habe das Amtsgericht aber nicht festgestellt.
            nicht möglich. Es könne daher nicht mehr überprüft werden, ob   Es müsse Feststellungen dazu treffen, ob und wenn ja welche
            die vom Kläger behaupteten Anzeichen für den schlechten   schlechten Wetterverhältnisse im Tatzeitpunkt vorlagen.
              Zustand des Baumes tatsächlich vorgelegen haben.
                                                              (Oberlandesgericht Zweibrücken,
            (Landgericht Köln, Urteil vom 08.12.2020 – 5 O 77 ⁄ 20)  Beschluss vom 24.11.2020 – 1 OWi 2 Ss Rs 107 ⁄ 20)








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