Page 15 - Taxikurier Dezember 2020
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Ansprüche geltend. Sie forderte unter anderem Schmerzensgeld
nicht unter 25.000 Euro, sowie vorgerichtliche Rechtsanwalts-
kosten. Zwischen den Parteien war insbesondere streitig, ob
das Pferd während eines Überholvorgangs nach links – in Rich-
tung der Klägerin – gezogen war und sie deswegen in Richtung Anscheins für ein Alleinverschulden des Ausparkenden. Dieser
des Randsteins ausweichen musste. Das Gericht hörte beide Anscheinsbeweis kann dadurch erschüttert werden, wenn es
Parteien zum Unfallhergang an. Es war danach nicht überzeugt, dem Ausparkenden gelingt nachzuweisen, dass er schon so lan-
dass der Vortrag einer Seite plausibler war als der andere, oder ge auf der bevorrechtigten Fahrbahn stand, dass der fließende
dass eine Partei glaubwürdiger war. In dieser Situation ent- Verkehr sich auf ihn einstellen konnte. Dies hat das Oberlan-
schied das Gericht zu Lasten der beweisbelasteten Klägerin desgericht Saarbrücken entschieden.
(sog. „non liquet“).
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: An einem Nach-
Einen Anspruch konnte die Klägerin nach Auffassung des Ge- mittag im Juni 2018 kam es im Saarland zu einem Verkehrs-
richts auch nicht darauf stützen, dass der Beklagte trotz des unfall zwischen einem Toyota Aygo und einem Ford Fiesta. Die
Klingelns nicht nach rechts auswich, weil hierzu im konkreten Fahrerin des Toyota fuhr aus einer auf dem Bürgersteig befind-
Fall keine Verpflichtung bestand. Ebenso wenig war rechtlich lichen Parklücke aus. Als sich der Pkw auf der Fahrbahn befand,
entscheidend, dass der Beklagte verbotswidrig auf dem Gehweg kam es zu einem Zusammenstoß mit dem Ford, der zu dieser
ritt, da sich das bloße Reiten auf dem Gehweg letztlich nicht Zeit auf der Fahrbahn fuhr. Die Toyota-Fahrerin sah sich nicht
bei der Unfallverursachung auswirkte. Da die Klägerin zudem als Unfallverursacherin und erhob daher gegen die Ford-Fahre-
selbst verbotswidrig auf dem Gehweg fuhr, konnte sie sich auf rin und deren Haftpflichtversicherung Klage auf Zahlung von
einen solchen Verkehrsverstoß des Beklagten nicht berufen. Schadensersatz. Die Klägerin behauptete, schon einige Zeit auf
Das Gericht merkte schließlich an, dass etwaige Ansprüche der der Fahrbahn gestanden zu haben als es zur Kollision kam. Das
Klägerin im Übrigen wegen der Schwere ihres Mitverschuldens Landgericht Saarbrücken wies die Klage ab. Dagegen richtete
ausgeschlossen wären, weil sie unter Zugrundelegung ihrer Dar- sich die Berufung der Klägerin.
stellung jedenfalls den Mindestabstand beim Überholen ekla-
tant unterschritten hätte. Zu Pferden ebenso wie zu Radfahrern Das Oberlandesgericht Saarbrücken bestätigte die Entscheidung
ist nach Auffassung des Gerichts bei einem Überholvorgang des Landgerichts. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Scha-
regelmäßig ein Mindestabstand von 1,5 bis 2 m einzuhalten, densersatz zu. Denn diese hafte allein für die Unfallfolgen. Es
um etwa auf plötzliche Reaktionen des Tieres oder Schlenker spreche der Beweis des ersten Anscheins für einen Verstoß ge-
des Fahrradfahrers reagieren zu können. Ein Abstand von 30 bis gen § 10 Satz 1 StVO und somit für ein Alleinverschulden der
40 cm genügt jedenfalls nicht. Klägerin. Dabei komme es nicht darauf an, ob ihr Fahrzeug zum
Zeitpunkt der Kollision gestanden oder sich in Bewegung be-
(Landgericht München I, Urteil vom 19.10.2020 – 19 O 6004 ⁄ 20) funden hat. Wer rückwärts ausparkt, habe nach der Vorschrift
jede Gefährdung des fließenden Verkehrs auszuschließen.
Verkehrsunfall beim Rückwärtseinfahren vom Parkplatz auf Der Klägerin sei es nach Ansicht des Oberlandesgerichts nicht
Fahrbahn spricht für Alleinverschulden des Ausparkenden gelungen, den Anscheinsbeweis zu erschüttern. Sie habe nicht
beweisen können, dass sie bereits solange auf dem bevorrech-
Erschütterung des Anscheinsbeweises bei Nachweis des tigten Fahrbahnteil gestanden hat, dass sich der fließende Ver-
längeren Stehens auf bevorrechtigter Fahrbahn kehr auf sie einstellen konnte.
Kommt es beim Rückwärtseinfahren vom Parkplatz auf die Fahr- (Oberlandesgericht Saarbrücken,
bahn zu einem Verkehrsunfall, so spricht der Beweis des ersten Urteil vom 13.08.2020 – 4 U 6 ⁄ 20)
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