Page 14 - Taxikurier Dezember 2020
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RECHTSPRECHUNG


             ➔ URTEILE                                         Die Klage hatte Erfolg. Die Heranziehung des Klägers zu Ab-
                                                               schleppkosten sei rechtswidrig, so die Koblenzer Verwaltungs-
                                                               richter, weil die beklagte Stadt den Nachweis der Wirksamkeit
                                                               des Halteverbots gegenüber der Ehefrau des Klägers schuldig
            Halteverbotsschilder:                              geblieben sei. Zwar stehe fest, dass die Schilder rechtzeitig
            Keine Abschleppkosten bei unklarer Beschilderung   aufgestellt worden seien und die Ehefrau des Klägers erst
                                                               anschließend im betroffenen Bereich geparkt habe. In den Ver-
            Halteverbotsschilder müssen so aufgestellt werden, dass sie   waltungsakten sei aber das ordnungsgemäße Aufstellen der
            von einem sorgfältigen Verkehrsteilnehmer nach dem Abstellen   Schilder nicht hinreichend dokumentiert. Erforderlich sei inso-
            des Fahrzeugs durch einfache Umschau zu erkennen sind. Das   fern der Nachweis einer Beschilderung, die es einem durch-
            ordnungsgemäße Aufstellen der Schilder muss von der zustän-  schnittlichen Kraftfahrer bei Anwendung der im Straßenverkehr
            digen Verkehrsbehörde dokumentiert werden; andernfalls ist   erforderlichen Sorgfalt ermögliche, sich nach dem Abstellen
            eine spätere Heranziehung zu Abschleppkosten rechtswidrig.   und Verlassen seines Fahrzeugs mittels einfacher Nachschau zu
            Das hat das Verwaltungsgericht Koblenz entschieden.  vergewissern, ob ein Halt- oder Parkverbot bestehe oder nicht.
                                                               Hier sei nicht hinreichend sicher, ob die Schilder für die Ehe-
                                                               frau des Klägers erkennbar gewesen seien. Ein räumlicher Zu-
                                                               sammenhang zwischen Abstellplatz und Verkehrsschildern sei
                                                               auf den von der Stadt gefertigten Lichtbildern nicht zu erken-
                                                               nen. Insbesondere bleibe unklar, ob die Schilder – wie von der
                                                               straßenverkehrsbehördlichen Anordnung vorgeschrieben – in
                                                               einem Abstand von 50 m aufgestellt worden seien, was nach
                                                               Auffassung des Gerichts zur Erkennbarkeit genügt hätte. Daran
                                                               bestünden indes vor dem Hintergrund Zweifel, dass die weitere
                                                               Vorgabe aus der Anordnung, die entgegenstehende Beschilde-
                                                               rung abzudecken bzw. abzukleben, jedenfalls nicht erfüllt
                                                                 worden sei.

                                                               (Verwaltungsgericht Koblenz,
            Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Stadt Koblenz   Urteil vom 09.09.2020 – 2 K 1308 ⁄ 19.KO)
            erließ im Jahr 2014 eine straßenverkehrsbehördliche Anordnung
            zur Durchführung des „City Triathlon“. Danach durfte der Ver-
            anstalter in näher bezeichneten Straßenabschnitten für einen   Mindestabstand von 1,5 bis 2 m beim Überholen von
            bestimmten Zeitraum mobile Halteverbotsschilder aufstellen.   Radfahrern und Pferden
            Zugleich sollte nach der Anordnung gewährleistet sein, dass die
            Schilder in einem Abstand von jeweils 50 m wiederholt und   Landgericht München I zu Klage einer Fahrradfahrerin
            entgegenstehende Schilder abgedeckt bzw. abgeklebt werden.    gegen einen Reiter

            Die mit dem Zusatz „ab 3.5.14 12.00 Uhr“ verbundenen absolu-  Bei einem Überholen von Radfahrern oder Pferden muss ein
            ten Halteverbotsschilder wurden auf Veranlassung des Veran-  Mindestabstand von 1,5 bis 2 m eingehalten werden, um auf
            stalters am 29. April 2014 durch ein privates Unternehmen   etwaige plötzliche Reaktionen oder Schlenker von Mensch oder
              aufgestellt. Im Anschluss daran stellte die Ehefrau des Klägers   Tier reagieren zu können. Dies hat das Landgericht München I
            dessen Auto im maßgeblichen Bereich ab. Die Stadt Koblenz   entschieden.
            ließ das Fahrzeug am 3. Mai 2014 abschleppen und zog den
            Kläger zu Kosten in Höhe von insgesamt 208,63 Euro heran.   Die Klägerin fuhr am Morgen des 16.07.2019 mit dem Fahrrad
            Nachdem der Widerspruch des Klägers im Jahr 2019 abgewiesen   auf dem Gehweg an der Gyßlingstraße in München, im Bereich
            worden war, erhob dieser Klage zum Verwaltungsgericht und   der Unterführung unter dem Isarring. Vor ihr ritt der Beklagte
            machte geltend, die Stadt habe den Sichtbarkeitsgrundsatz ver-  auf seinem Pferd, ebenfalls auf dem Gehweg. Der Gehweg war
            letzt. Es sei nicht erkennbar gewesen, auf welchen Bereich sich   weder für Fahrräder noch für Reitpferde freigegeben. Die Kläge-
            die Schilder bezogen hätten. Die Beschilderung habe sich auch   rin näherte sich dem Pferd von hinten und klingelte dabei.
              widersprochen, da ein für denselben Bereich geltendes einge-  Sie setzte nach eigener Darstellung zum Überholen an. Infolge
            schränktes Halteverbotsschild nicht abgeklebt oder sonst   einer Berührung des Vorderreifens des Fahrrads mit dem leicht
              abgedeckt worden sei. Im Übrigen sei das zugehörige Bußgeld-  erhöhten Randstein links neben dem Gehweg stürzte die Kläge-
            verfahren eingestellt worden, weil sich auch der zuständige   rin und brach sich dabei den linken Oberschenkelhals.
            städtische Hilfspolizist nicht mehr habe erinnern können, ob
            die Beschilderung der straßenverkehrsbehördlichen Anordnung   Die Klägerin machte gegen den Beklagten Ansprüche aus Tier-
            entsprochen habe oder nicht.                       halter- und Tieraufseherhaftung sowie allgemeine deliktische






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