Page 13 - Taxikurier Mai 2025
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recht kompakt


            VERKEHRSRECHT


             ➔ DIE RÜCKKEHRPFLICHT



            (meist) Oldies, but immer noch Goldies: die BGH-Urteile    Nach einer mehr als 25-jährigen Zeitspanne ohne BGH-Tätigwer-
            zur Rückkehrpflicht von Mietwagen                 den wurde die Rückkehrpflicht erneut durch das Urteil „Rückkehr-
                                                              pflicht V“  im Jahr 2015 überprüft. Hier stellte der BGH klar, dass
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              Seit Ende der 1980er-Jahre beschäftigt sich der Bundesge-  die gesetzliche Regelung der Rückkehrpflicht nicht so weitgehend
              richtshof (BGH) mit der leider hochaktuellen, weil mit Auf-  auszulegen ist, dass Mietwagen auch außerhalb der Einsatzzeiten
              kommen der appvermittelten Auftragsvergabe vor ca. zwölf   am Betriebssitz verbleiben müssen. Wenn sie allerdings zur Aus-
              Jahren täglich vielfachtausendfach von Unternehmern und   führung von Beförderungsaufträgen bereitgehalten werden, müs-
              Fahrern missachteten Rückkehrverpflichtung . Damit kann es   sen sie am Betriebssitz abgestellt werden, wenn sie keine Beför-
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              Sinn machen, die auch vielen Interessierten und Verantwort-  derungsaufträge ausführen. Entscheidend ist, dass die gesetzliche
              lichen nicht mehr so im Fokus stehende höchstrichterliche   Vorgabe erfüllt wird, indem das Fahrzeug nach jedem Beförde-
              Rechtsprechung noch einmal kompakt darzustellen, denn   rungsauftrag an den Betriebssitz zurückkehrt – dies kann sowohl
                deren Geltung ist weder durch Zeitablauf eingeschränkt noch   am Ende der Dienstzeit des Fahrers als auch durch eine direkte
              dadurch, dass es anders wie zur Zeit der ersten Urteilen   Anfahrt vom Betriebssitz zum ersten Auftrag geschehen. Ein Miet-
              1988/89 „jetzt Internet gibt“ (sinngemäße Aussage des   wagenunternehmer verstoße nicht gegen die Rückkehrpflicht,
                damaligen Uber-Repräsentanten zu dem Privatfahrer-Modell   wenn er die Mietwagenfahrzeuge für den Weg von und zu der
              UberBlack, das Gesetz habe ja keine Bedeutung mehr, weil      Arbeit zur Verfügung stellt und die Fahrt vom Wohnort zum Be-
              es vor den Internet-Zeiten eingeführt wurde!).  triebssitz aus erfolgt, zu dem die Fahrer nach Beendigung des
                                                              letzten Beförderungsauftrages zurückkehren. Die Ausführung des
            Das erste Urteil des BGH zur Rückkehrpflicht im Jahr 1988   ersten Beförderungsauftrages der Schicht habe also vom Betriebs-
            („Rückkehrpflicht I“ ) stellte fest, dass Mietwagen nicht ohne   sitz des Unternehmers aus zu erfolgen, eine direkte Ausführung
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            konkreten Beförderungsauftrag an beliebigen Orten verweilen   vom Wohnort des Fahrers entspreche nicht der gesetzlichen Rück-
            dürfen. Denn so bestünde die Gefahr, dass er für jeden vorbei-  kehrverpflichtung.
            kommenden Interessenten oder für die aus der Zentrale eingehen-
            den Beförderungsaufträge zur Verfügung steht. Diese Regelung   Fazit: Die BGH-Urteile zur Rückkehrpflicht sind daher bis heute
            diene dazu, unlauteren Wettbewerb gegenüber dem Taxi-Gewerbe   von zentraler Bedeutung für die Rechtspraxis und die Marktregu-
            zu verhindern, da Mietwagen sonst faktisch wie Taxis agieren   lierung im Bereich des Mietwagenverkehrs, es hapert derzeit
            könnten – ohne an die spezifischen Regularien für den Taxiver-    leider häufig an den behördlichen Möglichkeiten zu effektiverer
            kehr gebunden zu sein.                            Durchsetzung.

            Bereits im Folgejahr konkretisierte der BGH mit dem Urteil „Rück-  Wo steht’s im Gesetz?  § 49 Abs. 4 Satz 3 PBefG
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            kehrpflicht II“ , dass ein neuer Beförderungsauftrag eines Miet-
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            wagenfahrers einen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit   Welches Gericht hat so entschieden?
            dem vorangegangenen Auftrag haben müsse. Ob dieser Zusam-  Immer BGH:  Urt. v. 05.05.1988 – 1 ZR 124 ⁄ 86 –;  Urt. v.
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            menhang gegeben sei, hänge von den individuellen Umständen   26.04.1989 – 1 ZR 105 ⁄ 87 –;  Urt. v. 22.06.1989 – I ZR 171 ⁄ 87 –;
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            des Falles ab. Kurz darauf folgte das Urteil „Rückkehrpflicht III“ ,   5 Urt. v. 14.12.1989 – 1 ZR 37 ⁄ 88 –;  Urt. v. 30.04.2015 –
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            in dem der BGH entschied, dass eine verzögerte Rückkehr zum   I ZR 196 ⁄ 13 –
            Betriebssitz eine Verletzung der Rückkehrpflicht darstellt, sofern
            keine außergewöhnlichen Umstände vorliegen. Dies bedeutet,
            dass Mietwagenfahrer nach dem Abschluss eines Fahrauftrags   Der Autor:
            nicht unbegründet in der Nähe des Einsatzorts verbleiben dürfen.  Rechtsanwalt Thomas Grätz
                                                              ist seit über 30 Jahren mit
            Mit „Rückkehrpflicht IV“  Ende 1989 wurde erneut klargestellt,     Personenbeförderungsrecht
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            dass Mietwagenunternehmer die Vorschrift zur unverzüglichen   befasst und war Geschäftsführer
            Rückkehr zum Betriebssitz beachten müssen. Insbesondere wurde   vom  damaligen Taxi-Bundes-
            betont, dass eine „nicht ganz kurze Pause“ nach einem Beförde-  verband BZP.  Bekannt ist auch
            rungsauftrag als Verstoß gegen diese Vorschrift gewertet werden   sein PBefG- Standardwerk
            könne – es sei denn, besondere Umstände des Einzelfalls rechtfer-    „Fielitz ⁄ Grätz“.
            tigen eine solche Pause. Ruhepausen seien grundsätzlich, es sei
            denn es besteht eine akute gesundheitliche Schwäche, am Be-
            triebssitz einzulegen. Der Verstoß sei im Übrigen auch geeignet,
            der beklagten Mietwagenunternehmerin einen Wettbewerbs-
            vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen.






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