Page 16 - Taxikurier Mai 2021
P. 16

RECHTSPRECHUNG


             ➔ URTEILE



            Im europäischen Ausland erteilte Fahrerlaubnis    Entscheidung treffen, selbst wenn zu diesem Zeitpunkt die Sperr-
                                                              frist bereits abgelaufen ist, da der der Fahrerlaubnis anhaftende
                                                                „Makel" bis zur endgültigen Tilgung der strafgerichtlichen Ent-
            Verwaltungsgericht Trier zu Sperrvermerk bei      scheidung fortbestehe.
            ausländischer Fahrerlaubnis
                                                              (Verwaltungsgericht Trier,
            Inhaber einer im europäischen Ausland erteilten Fahrerlaubnis   Beschluss vom 09.02.2021 – 1 L 31 ⁄ 21.TR)
            für unionsrechtlich harmonisierte Fahrerlaubnisklassen, die ihren
            Wohnsitz in Deutschland haben, sind aufgrund dieser Fahrerlaub-
            nis zum Führen von Kraftahrzeugen auch im Inland berechtigt,   Fehler bei StVO-Reform macht Bußgelder nicht unzulässig
            es sei denn, diese Fahrerlaubnis wurde zu einem Zeitpunkt er-
            teilt, an dem der Fahrerlaubnisinhaber im Bundesgebiet aufgrund
            einer rechtskräftigen Verurteilung keine Fahrerlaubnis hätte er-  Wegen Fehlerhaftigkeit der StVO-Novelle
            teilt werden dürfen. In einem solchen Fall darf die zuständige   gilt die alte Rechtlage fort
            deutsche Fahrerlaubnisbehörde mittels Bescheid feststellen, dass
            die im EU Ausland erteilte Fahrerlaubnis nicht zum Führen von   Das OLG Zweibrücken hat entschieden, dass Fehler bei der
            Kraftfahrzeugen im Inland berechtigt und zur Vorlage der Fahrer-    Reform der Straßen verkehrs ordnung (StVO) Bußgelder für zu
            laubnis auffordern, um einen entsprechenden Sperrvermerk anzu-  schnelles Fahren nicht unzulässig macht.
            bringen. Dies hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Trier in
            einem Eilverfahren bekräftigt.                    Das Amtsgericht Grünstadt hat einen Autofahrer aus Winnweiler
                                                              zu einer Geldbuße von 100 Euro verurteilt, v.a. weil er im Sep-
            Der im Eifelkreis Bitburg-Prüm lebende Antragsteller, dem die   tember 2019 auf der A6 mit 28 km ⁄ h nach Toleranzabzug mehr
            deutsche Fahrerlaubnis im Jahre 2014 wegen vorsätzlicher Trun-  unterwegs war als die dort erlaubten 100 Stundenkilometer.
            kenheit im Verkehr entzogen worden war, wurde im März 2017   Der Betroffene machte beim Oberlandesgericht daraufhin gel-
            wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geld-  tend, die im Jahr 2020 geänderte StVO sei wegen eines Zitierfeh-
            strafe verurteilt. Ferner wies das Strafgericht die Verwaltungsbe-  lers des Verordnungsgebers nicht in Kraft getreten. Das Gericht
            hörde an, dem Antragsteller vor Ablauf eines Jahres keine Fahr-  müsse bei der Beurteilung einer Ordnungswidrigkeit wegen § 4
            erlaubnis zu erteilen. Im September 2017 ist dem Antragsteller   Abs. 3 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) berück-
            eine luxemburgische Fahrerlaubnis u.a. der Klassen AM und B   sichtigen, ob ein vorher verbotenes Verhalten inzwischen nicht
              erteilt worden. Mit Bescheid vom Dezember 2020 stellte die zu-  mehr oder minder zu bestrafen ist. Deshalb wirke sich der Fehler
            ständige Fahrerlaubnisbehörde des Eifelkreises Bitburg-Prüm   bei der StVO-Reform auch dann zu seinen Gunsten aus, wenn die
            fest, dass die dem Antragsteller erteilte luxemburgische Fahrer-  Geschwindigkeitsübertretung schon vor der Gesetzesänderung
            laubnis diesen nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen auf dem   begangen wurde. Weil es aus seiner Sicht keine gültige Bußgeld-
            Gebiet der Bundesrepublik Deutschland berechtigt. Ferner ordne-  regelung mehr gebe, müsse er das Bußgeld nicht zahlen.
            te die Behörde die Vorlage des Führerscheins an, um einen ent-
            sprechenden Sperrvermerk anbringen zu können. Hiergegen legte   Das Pfälzische Oberlandesgericht hat die Rechtsbeschwerde zur
            der Antragsteller Widerspruch ein und stellte beim Verwaltungs-  Klärung dieser Frage zugelassen. Im Ergebnis hat es entschieden,
            gericht einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz.  dass es bei dem Bußgeld bleibt. Der Betroffene habe zwar Recht,
                                                              dass ein milderes Gesetz auch auf zurückliegende Taten anzuwen-
            Das Verwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt und zur Be-  den sei. Es stimme auch, dass bei der Reform der Straßenverkehrs-
            gründung dabei im Wesentlichen ausgeführt, die vom Antrags-  ordnung das sogenannte Zitiergebot aus Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG
            gegner getroffene Feststellung hinsichtlich der Nichtberechti-  nicht ausreichend beachtet wurde. Deshalb seien die 2020 geän-
            gung des Antragstellers, ebenso wie die Aufforderung zur Vorlage   derten und im Bereich der Fahrverbote verschärften Regeln im
            der luxemburgischen Fahrerlaubnis zwecks Eintragung eines   Straßenverkehr nicht in Kraft getreten. Der Senat hat aber ent-
            Sperrvermerks seien von der einschlägigen Vorschrift der Fahrer-  schieden, dass damit weder die StVO noch der Bußgeldkatalog
            laubnisverordnung gedeckt. Danach entfalle kraft Gesetzes die   hinfällig werden. Stattdessen gelten die bisherigen Regelungen,
            Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland auf-  nach denen auch der Beschwerdeführer verurteilt worden war,
            grund einer im europäischen Ausland erteilten Fahrerlaubnis,   weiter. Es ist deshalb weiter zulässig, Geschwindigkeitsüber-
            wenn diese Fahrerlaubnis – wie vorliegend geschehen – inner-  schreitungen mit Bußgeldern in der bisherigen Höhe zu ahnden.
            halb einer bestehenden Sperrfrist erteilt worden ist. In einem
            solchen Falle dürfe die Fahrerlaubnisbehörde eine entsprechende   (Oberlandesgericht Zweibrücken,
            Feststellung bis zur endgültigen Tilgung der strafgerichtlichen   Beschluss vom 05.11.2020 – 1 OWi 2 Ss Rs 124 ⁄ 20)






           16 ⁄ TAXIKURIER ⁄ MAI 2021
   11   12   13   14   15   16   17   18   19   20   21