Page 14 - Taxikurier November 2022
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RECHTSPRECHUNG


            ➔ URTEILE



           Entziehung der Fahrerlaubnis: Hohe Hürden für die
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           Glaubhaftmachung einer unbewussten Drogeneinnahme


           Widerspruchsfreie Darlegung des Sachverhalts erforderlich

           Behauptet ein unter Einfluss von Drogen stehender Fahrerlaubnis-
           inhaber, er habe die Drogen unbewusst zu sich genommen, bedarf
           es detaillierter, in sich schlüssiger und von der ersten Einlassung
           an widerspruchsfreier Darlegungen, die einen solchen Geschehens-
           ablauf als ernsthaft möglich erscheinen lassen. Dies entschied
           das Verwaltungsgericht Koblenz und lehnte einen gegen die Ent-
           ziehung der Fahrerlaubnis gerichteten Eilantrag ab.
           Der Antragsteller wurde bei einer Verkehrskontrolle mit drogen-
           typischen Ausfallerscheinungen angetroffen. Vor Ort durchgeführte
           Drogenschnelltests reagierten positiv auf die Stoffgruppe Amphe-
           tamin. Als die anschließende Blutuntersuchung dieses Ergebnis
           bestätigte und eine erhebliche Amphetaminkonzentration im Blut
           des Antragstellers ergab, entzog ihm die zuständige Fahrerlaubnis-
           behörde aufgrund seiner Ungeeignetheit zum Führen von Kraft-  Kein nachvollziehbares Motiv des Beifahrers für
           fahrzeugen die Fahrerlaubnis und verpflichtete ihn zur Abgabe   heimliche Amphetamin-Verabreichung
             seines Führerscheins. Gegen diese für sofort vollziehbar erklärten
           Anordnungen erhob der Antragsteller Widerspruch. Um die Voll-  Die eidesstattliche Versicherung des Beifahrers, heimlich Amphe-
           ziehung vorläufig zu stoppen, stellte er außerdem einen Eilantrag   tamin in die Bierflasche des Antragstellers gegeben zu haben,
           beim Verwaltungsgericht Koblenz.                   sei wenig plausibel. Ein nachvollziehbares Motiv für eine solche
                                                              Handlungsweise ergebe sich weder aus der eidesstattlichen Ver-
                                                              sicherung noch aus dem Vorbringen des Antragstellers. Vor dem
           Einmalige Einnahme harter Drogen reicht aus          Hintergrund, dass diesem bereits in der Vergangenheit wegen des
                                                              Führens eines Fahrzeugs unter Amphetamineinfluss die Fahrerlaub-
           Das Gericht lehnte seinen Antrag ab. Die Entziehung der Fahrer-  nis entzogen worden sei und ihm deshalb die sich daraus ergeben-
           laubnis sei voraussichtlich rechtmäßig, so die Koblenzer Richter.   den Konsequenzen bekannt gewesen seien, sei die Behauptung
           Denn der Antragsteller habe sich aufgrund der Einnahme von   des unbewussten Drogenkonsums nicht glaubhaft, wenn er dies
           Amphetamin als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen   erst nach der Entziehung seiner Fahrerlaubnis sieben Wochen nach
             erwiesen. Zum Ausschluss der Fahreignung genüge bereits die   der Verkehrskontrolle mitteile.
             einmalige Einnahme harter Drogen, wozu Amphetamin gehöre.
           Der Behauptung des Antragstellers, die Droge sei ohne sein Wissen
           in ein Getränk gemischt worden, könne nicht gefolgt werden.    Heimliche Verabreichung von Amphetamin wegen
           Dass Dritte einer Person Betäubungsmittel verabreichen, sei nach   Gefährdung des eigenen Lebens unwahrscheinlich
           allgemeiner Lebenserfahrung nicht wahrscheinlich.
                                                              Es sei auch unwahrscheinlich, dass ein Beifahrer dem Führer eines
                                                              Pkw heimlich Amphetamin verabreiche und dadurch eine Gefähr-
           Verabreichung durch Dritte unwahrscheinlich        dung des eigenen Lebens und der eigenen körperlichen Unver-
                                                              sehrtheit in Kauf nehme. Angesichts der hohen Amphetaminkon-
           Die Behauptung einer unbewussten Drogeneinnahme sei daher nur   zentration in seinem Blut sowie seiner Ausfallerscheinungen könne
           glaubhaft, wenn überzeugend dargelegt werden könne, dass dem   ferner nicht davon ausgegangen werden, dass der Amphetamin-
           Auffinden von Betäubungsmitteln im Körper ein Kontakt mit Per-  konsum vom Antragsteller unbemerkt geblieben sei. Gegen diese
           sonen vorangegangen sei, die zumindest möglicherweise einen   Entscheidung steht den Beteiligten die Beschwerde an das Ober-
             Beweggrund gehabt haben könnten, dem Fahrerlaubnisinhaber   verwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zu.
           heimlich Drogen beizubringen, und es ferner naheliege, dass von
           dem Betroffenen die Aufnahme des Betäubungsmittels unbemerkt   (Verwaltungsgericht Koblenz,
           geblieben sei. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor.  Beschluss vom 09.08.2022 – 4 L 680 ⁄ 22.KO)






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