Page 12 - Taxikurier September 2020
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RECHTSPRECHUNG


             ➔ URTEILE                                         unterschiedlichen Wirtschaftsstufen mit der Personenbeförde-
                                                               rung in Taxis befasst. Das Bereitstellen der App in der beschrie-
                                                               benen Form sei unlauter, da Beförderungsaufträge auch an
                                                               ortsfremde, nicht konzessionierte Taxis vermittelt würden, die
            OLG Frankfurt am Main: Keine Vermittlung ortsfremder   sich unter Verstoß gegen § 47 Abs. 2 S. 1 PBefG bereithielten.
            Taxifahrer über die App mytaxi
                                                               Die Beklagte sei für den von dem Taxiunternehmen begangenen
                                                               Verstoß als Teilnehmerin verantwortlich. Sie habe dem Taxifah-
            Verstoß gegen § 47 Abs. 2 PBefG begründet          rer durch die Übermittlung der Suchanfrage und die Zuteilung
            Unterlassungsanspruch                              des Auftrags Beihilfe geleistet. Die Beklagte habe dabei ge-
                                                               wusst, dass Beförderungsaufträge unmittelbar den angeschlos-
            Das Betreiben einer Software – hier der App „mytaxi“, die eine   senen Taxiunternehmen in einem bestimmten Umkreis zugelei-
            direkte Verbindung zwischen einem nahegelegenen Taxifahrer   tet würden und, dass derjenige den Auftrag erhalte, der ihn
            und einem Fahrgast herstellt und so die Beförderung von Kun-  zuerst annehme. Dies geschehe unabhängig von dem Betriebs-
            den in Taxis ermöglicht, ist unlauter, wenn nicht verhindert   sitz, der der Beklagten aufgrund der Anmeldung des Taxifahrers
            wird, dass entgegen § 47 Abs. 2 PBefG auch ortsfremde, nicht   bekannt sei. Damit habe die Beklagte „zumindest bedingt vor-
            konzessionierte Taxifahrer vermittelt werden. Der App-Betreiber   sätzlich entsprechende Wettbewerbsverstöße durch Taxifahrer“
            ist Teilnehmer eines von einem nicht konzessionierten Taxi-  gefördert. Durch vorausgegangene andere Abmahnungen sei ihr
            unternehmen begangenen Verstoßes und zum Unterlassen ver-  auch bekannt gewesen, dass es in anderen Städten bereits zu
            pflichtet, begründete das Oberlandesgericht Frankfurt am Main   Verstößen angeschlossener Taxiunternehmen gegen die Vorga-
            (OLG) seine Entscheidung.                          ben des PBefG gekommen sei. Die Beklagte „hat sich also mit
                                                               möglichen Verstößen abgefunden und sie billigend in Kauf
            Im vorliegenden Fall vermittelt die Beklagte über die App      genommen“, urteilt das OLG.
            „mytaxi" die Beförderung von Kunden in Taxis. Sie wird in einer
            Version für Taxifahrer und in einer Version für Kunden bereitge-  Das OLG ergänzte zudem, dass es für die hier angenommene
            stellt und stellt eine direkte Verbindung zwischen einem Taxi-  Teilnehmerhaftung unerheblich sei, mit welchen Kosten das
            fahrer und einem Fahrgast her. Der Nutzer der Fahrgast-App   Umprogrammieren verbunden sei, um Zuweisungen von Fahr-
            kann sich auf einer Karte anzeigen lassen, wo sich in der Um-  aufträgen an nicht konzessionierte Unternehmen zu vermeiden
            gebung angeschlossene Taxis befinden. Nach Bestätigung des   (sog. „Zon3 ing“"). Die Beklagte habe jedenfalls nicht in
            Bestellbuttons sucht das System die am nächsten gelegenen     Abrede gestellt, dass eine solche Programmierung durch die
            und freigeschalteten Taxis und bietet den Fahrern dieser Grup-  Funktionalität der Standorterfassung (GPS) möglich sei.
            pe – automatisiert – die angefragte Taxifahrt an. Die Fahrer
              können über ihre Fahrer-App die angefragte Tour annehmen.   Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 25.06.2020
            Der Fahrer, der die Fahrt zuerst annimmt, erhält den Zuschlag.
            Für den Fahrgast ist die Benutzung der App kostenlos. Das   – 6 U 64 ⁄ 19 –
              Taxiunternehmen zahlt eine Vermittlungsgebühr in Gestalt
              eines festen Prozentsatzes des Fahrpreises.

            Im März 2018 stellte sich ein Taxi mit Betriebssitz in Wiesba-
            den in Frankfurt am Main in der Breitenbachstraße auf und
            schaltete den Modus seiner „mytaxi“-App auf „frei“. Nachfol-
            gend nahm er die Bestellung einer Fahrt von dort in die Weser-
            straße an. Dieses Verhalten verstieß gegen das PBefG. Gemäß
            § 47 Abs. 2 S. 1 PBefG dürfen Taxis nur in der Gemeinde bereit-
            gehalten werden, in der der Unternehmer seinen Betriebssitz
            hat. Der Kläger ist Taxiunternehmer in Frankfurt am Main. Er
            meint, die Beklagte sei als Täterin oder jedenfalls Gehilfen für
            den Verstoß des Fahrers des Wiesbadener Taxis verantwortlich.
            Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassen in Anspruch, Taxi-
            Suchanfragen an Taxifahrer zu übermitteln, die nicht für die
            Stadt Frankfurt am Main konzessioniert sind.
            Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die hiergegen
              gerichtete Berufung hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg.
            Zwischen den Parteien bestünde ein konkretes Wettbewerbs-
            verhältnis, begründete das OLG die Entscheidung. Sie seien auf






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